Habt ihr Lust auf Natur und Ursprünglichkeit? Dann solltet ihr die Westfjorde in Island als Reiseziel wählen und den Norden des Landes besuchen. In dieser abgeschiedenen Gegend gibt es kaum Menschen, dafür Berge, Fjorde und die berühmten heißen Quellen.
Überblick
Die Westfjorde (islandisch “Vestfirðir”) sind eine Halbinsel und selbst für isländische Verhältnisse sehr abgelegen und dünn besiedelt. Auch der Tourismus ist hier noch nicht so allgegenwärtig wie rund um Reykjavík. Wer die Einsamkeit sucht, wird in den Westfjorden definitiv fündig werden und begeistert sein. Sie sind durch eine Landbrücke mit Island verbunden ist. Das im nördlichen Island gelegene Gebiet ist geprägt von den namensgebenden Fjorden, einer gebirgigen sowie grasbewachsenen Landschaft.
Städte und Gemeinden
Trotz der beachtlichen Größe hat die Region der Westfjorde gerade einmal 7.000 Einwohner, die sich auf eine einzige Stadt und einige winzige Ortschaften verteilen. Trotzdem sind viele der Gemeinden vor allem aus kulturellen Gründen einen Besuch wert.
Ísafjörður
Ísafjörður ist die einzige Ortschaft der Westfjorde mit mehr als 1.000 Einwohnern, was in Island ausreicht, um als Stadt zu gelten. Folglich ist es auch das kulturelle Zentrum der Region mit interessanten Museen und Ausstellungen zur Fischerei und Geschichte des Landes. Solltet ihr um die Osterzeit herum in Vestfirðir verweilen, dann besucht unbedingt das Aldrei fór ég sudur, ein großes Musikfestival in Ísafjörður. Im Sommer ist die Stadt Austragungsort der jährlichen Europameisterschaft im Matschfußball – ein Spaß für Teilnehmer und Zuschauer.
Bolungarvík
Direkt an einem der Fjorde gelegen, wirkt Bolungarvík wie ein beschauliches Fischerdorf. Umgeben ist es von einer beeindruckenden alpinen Landschaft, unter anderem mit dem mehr als 600 Meter hohen Bolafjall. Bergsteigen, Bergwandern und Skilanglauf sind folglich die beliebtesten Aktivitäten, die ihr hier starten könnt. Bolungarvík verfügt über ein naturgeschichtliches Museum sowie ein Freilichtmuseum, welches sich der Geschichte der Fischerei vor Ort widmet. Das Wahrzeichen der Gemeinde ist ein kleiner orangefarbener Leuchtturm, der Óshólaviti genannt wird und der einen wunderbaren Ausblick auf den gesamten Fjord bietet.
Patreksfjördur
Die Siedlung Patreksfjördur ist vor allem als Ausgangspunkt für Ausflüge zu einigen der Sehenswürdigkeiten in den Westfjorden wichtig. Von hier aus erreicht ihr schnell die Dynjandi Foss Wasserfälle oder auch den Rauðisandur Beach sowie einige der schönsten heißen Quellen der Region. Der Ort selbst ist klein und übersichtlich, bietet aber zwei interessante Museen. Im Volksmuseum geht es zum Beispiel um den Walfang oder auch die Geschichte der Luftfahrt in Island. Im Piratenmuseum werden die einstigen Überfälle von Seeräubern auf die isländischen Siedler thematisiert.
Sehenswürdigkeiten
Die Sehenswürdigkeiten der Westfjorde sind allesamt natürlichen Ursprungs und können durchaus als kleine Naturwunder bezeichnet werden. Beeindruckende Wasserfälle, Bergplateaus mit tollem Ausblick sowie nahezu unberührte, wunderschöne Naturreservate machen den Reiz der Westfjorde aus.
Kap Bjargtangar
Das Kap Bjargtangar ist womöglich die bekannteste Sehenswürdigkeit der Westfjorde, bilden es doch den westlichsten Punkt Islands und den zweitwestlichsten Punkt Europas. Die Steilklippen hier sind hervorragend zum Wandern geeignet und bieten traumhafte Ausblicke von den Plateaus. Die Klippen am Kap sind berühmt für die Vogelbeobachtung, denn zahlreiche Arten nisten zwischen den steinigen Felsen direkt am Meer. Vor allem die einzigartigen Papageientaucher, aber auch Möwen, Lummen und Tordalken sind hier zu sehen. Mit etwas Glück verirrt sich auch mal ein scheuer Polarfuchs hierher.
Rauðisandur Beach
Gleich unterhalb der Vogelklippen befindet sich ein einzigartiger Strand, der sich ganz anders präsentiert als die anderen Strände in den Westfjorden. Während die meisten Strände entweder felsig oder von Lava schwarz gefärbt sind, erstrahlt Rauðisandur Beach in leuchtendem Orange. Die Farbe erhält der Strand übrigens von den an Land gespülten Muschelschalen. Seid ihr im Juli in den Westfjorden, könnte gerade das Rauðisandur Music Festival stattfinden. Dabei handelt es sich um eine überraschend große Veranstaltung mit Besuchern aus dem ganzen Land.
Dynjandi Foss
Imposant und wunderschön präsentiert sich der Dynjandi Foss, ein hundert Meter hoher Wasserfall, der ein absolutes Muss für jeden Urlauber in den Westfjorden darstellt. Der Name bedeutet so viel wie „Der Tobende“ oder „Der Dröhnende“. Wenn ihr davorsteht, dann wisst ihr auch, warum. Am besten erreicht ihr den Wasserfall über einen Wanderweg. Vermutlich seid ihr dabei nur von wenigen anderen Reisenden umgeben. Der Dynjandi Foss liegt ziemlich abgeschieden und bis zum nächsten Ort nach Patreksfjördur sind es mehr als 70 Kilometer.
Bolafjall
Seid ihr in Bolungarvík, dann erklimmt unbedingt den Bolafjall, den Hausberg des Ortes. Oben ist ein Plateau mit einer atemberaubenden Aussicht. Bei gutem Wetter könnt ihr bis nach Grönland blicken. Den Berg hinauf führt eine gut ausgebaute Straße, die schon auf dem Weg zahlreiche atemberaubende Aussichtspunkte passiert. Alternativ könnt ihr den Bolafjall erwandern und euch dann oben mit dem tollen Ausblick belohnen. Ganz oben steht eine alte Radarstation, die im Kalten Krieg von den US-Amerikanern benutzt wurde.
Naturreservat Hornstrandir
Ganz im Norden der Westfjorde befindet sich das Naturreservat Hornstrandir, mitten in einer Gegend, die beinahe unbewohnt ist. Auch die Straßenanbindung ist schlecht, weswegen von den größeren Ortschaften Schnellboote nach Hornstrandir fahren. Vor Ort solltet ihr eure Wanderschuhe schnüren und die unberührte Natur genießen.
Die Chancen, einen Polarfuchs zu sehen, sind in diesem Gebiet besonders groß. Die scheuen Tiere finden hier viel Nahrung und werden kaum gestört. In der flachen Tundra sieht man sie recht gut. Ihr findet hier eine vielseitige Flora, da es keine Weidetiere gibt.
Aktivitäten
Verständlicherweise drehen sich viele der möglichen Aktivitäten in den Westfjorden um das Meer. Hier könnt ihr mit dem Boot herausfahren, die Fjorde mit dem Kajak erkunden und sogar Wale beobachten. Doch auch das Festland lockt mit Wanderrouten und wohltuenden, heißen Quellen zum Aufwärmen.
Angeln
Der Fischfang ist seit Jahrhunderten die Überlebensgarantie für die Bewohner der Westfjorde. Da verwundert es nicht, dass Angeln auch für Urlauber ganz oben auf der Liste der beliebtesten Aktivitäten steht. Der warme Golfstrom und der nahrungsreiche Ostgrönlandstrom treffen vor den Fjorden des Nordwestens aufeinander und bringen jede Menge Fische mit. Zwei besonders gut angeschlossene Angelspots befinden sich an den Fjorden nahe von Bolungarvik. Die Camps in Flateyri und Sudureyri bieten geschützte Häfen, eine moderne Bootsflotte und die Aussicht auf große Steinbeißer und Dorsche jenseits der imposanten 25 Kilogramm Marke.
In einer heißen Quelle baden
In den Westfjorden gibt es ähnlich wie auf ganz Island zahlreiche heiße Quellen, die zum Baden einladen. Unabhängig von Wind, Wetter und Temperaturen sind diese Thermalquellen immer angenehm warm und überaus förderlich für die Gesundheit sein. Zudem gibt es Poolanlagen, die von Thermalwasser gespeist werden und noch mehr Komfort bieten.
Beliebte heiße Quellen oder Pools sind zum Beispiel der Birkimelur Pool direkt an der Straße 62, die Whirlpools von Drangsnes, der Krossneslaug oder die herzförmige Gvendarlaug im Fjord Bjarnarfjörður. Die meisten dieser Thermalpools bieten obendrein eine fantastische Aussicht auf einen Fjord oder die umliegende weitläufige Landschaft.
Wandern
Das Wandern ist wohl die Beschäftigung, der ihr am meisten nachgehen werdet. Die beinahe unberührte Natur lädt geradezu dazu ein, das Auto stehen zu lassen und zu Fuß weiterzugehen. Viele Orte könnt ihr auch gar nicht anders erreichen, wie etwa das Naturreservat Hornstrandir. Besonders schön, aber auch etwas fordernder, ist die Wanderung am Ufer des Sees Vatnsdalsvatn. Hier geht es zunächst an ein paar Wasserfällen vorbei hoch zum See. Die Strecke führt weiter über einen Bergkamm. Am Seeufer schließlich springt ihr von Stein zu Stein und erreicht nach zwei bis drei Stunden den ursprünglichen Ausgangspunkt.
Buckelwale beobachten
Die Ortschaft Hólmavík am Westufer des Fjords Steingrímsfjörður ist euer Ziel, wenn ihr auf die Sichtung von Walen aus seid. Hier ist die Wahrscheinlichkeit am größten, die Ozeanriesen auf ihren sommerlichen Zugrouten durch den Atlantik beobachten zu können. Anders als an vielen anderen Punkten für Walbeobachtungen müsst ihr hier nicht weit hinaus, denn die Tiere kommen recht nah an die Küste heran. So könnt ihr die verspielten Buckelwale, Zwergwale oder Weißschnauzendelfine und mit Glück sogar Blauwale und Pottwale sehen.
Kajak im Fjord fahren
Die Fjorde sind schon eine Attraktion für sich. Wenigstens einmal solltet ihr daher in See stechen und diese Ausläufer des Nordpolarmeeres selbst befahren. Am einfachsten geht dies mit dem Kajak. In den meisten größeren Orten an den Fjorden werden Kajaktouren angeboten.
Für Anfänger eignen sich die Fjorde ideal, da diese die Wildheit des Meeres durch ihre Enge zügeln und der Wellengang deutlich geringer ausfällt als auf dem offenen Ozean. Dafür gibt es einen herrlichen Ausblick auf die See und die umliegenden Berge und ein unbeschreibliches und unvergessliches Gefühl von Freiheit und Naturverbundenheit.
Reise-Infos
Ihr möchtet eine Reise zum äußersten nordwestlichen Zipfel Europas wagen? Dann solltet ihr einige Dinge bei eurem Island-Urlaub beachten. Wir geben euch ein praktische Reise-Infos für euren Trip zu den Westfjorden bezüglich Reisezeit, Anreise und dem Leben vor Ort.
Reisezeit
Auch wenn die Westfjorde in Island hervorragend zum Skifahren geeignet sind, so raten wir doch von einem Besuch im Winter ab. Das Wetter ist dann mehr als rau, Flüge fallen aus und die Straßen sind für Ungeübte fast unbefahrbar. Reist lieber im Sommer und erkundet die Halbinsel ohne Regen, Schnee und Sturm.
Reisedauer & Reisevorbereitung
Die Wege auf den Westfjorden sind lang, da das ganze Gebiet durch die Fjorde zerfurcht wird. Plant also ein, dass jeder Ausflug und jede Tour deshalb länger dauern könnte, als es zunächst auf der Karte den Anschein hat. Wir empfehlen euch, mindestens eine Woche Reisedauer einzuplanen.
Island gehört zu den Staaten des Schengen-Raumes. Das bedeutet, ihr benötigt lediglich euren Personalausweis, um nach Island einreisen zu können. Nur bei Aufenthalten von über 90 Tagen ist ein Visum nötig. Bezahlt wird in Island mit der Isländischen Krone. Während ihr in Reykjavik fast überall mit Kreditkarten Rechnungen begleichen könnt, empfiehlt es sich, für die Westfjorde Bargeld umzutauschen.
Anreise
Nach Island gelangt ihr erst einmal mit dem Flugzeug. Es gibt einige Verbindungen von deutschen Flughäfen nach Reykjavik. Von dort aus gibt es wiederum Inlandsflüge nach Ísafjörður. Die Alternative ist eine lange Busfahrt, die preislich nicht viel attraktiver ist. Ansonsten könnt ihr auch einen Roadtrip mit Mietwagen nach Vestfirðir machen. So genießt ihr die Landschaft und das Auto braucht ihr sowieso.
Fortbewegung vor Ort
Wenn ihr euch nicht wirklich eisern auf das Wandern beschränken wollt, ist ein Mietwagen für die Westfjorde ein Muss. Ihr gelangt sonst kaum auf anderem Wege zu den Naturwundern, denn einen öffentlichen Nahverkehr gibt es nicht. Eine gesunde Alternative wäre das Fahrrad, doch die Distanzen auf der riesigen Halbinsel sind durchaus sportlich und das Wetter spielt leider auch nicht immer mit.
Sprache & Verständigung
Die Amtssprache auf den Westfjorden ist wie überall auf der Insel Isländisch. Ihr müsst diese alte, nordgermanische Sprache aber nicht extra lernen, denn viele Isländer sprechen ein gutes bis sehr gutes Englisch. Beherrscht ihr das auch, solltet ihr vor Ort auf keinen Fall Probleme haben.
Essen & Spezialitäten
Eine Speise, die es aus Island in den Rest der Welt geschafft hat, ist definitiv das Milchprodukt Skyr. Es gibt durchaus einige kulinarische Besonderheiten, die ihr probiert haben solltet. Fisch ist natürlich sehr präsent. Seid ihr Freunde von Lachs, Kabeljau, Seeteufel oder Schellfisch, dann sind die Restaurants in den Westfjorden für euch ein Paradies.
Ein absolutes Muss für die Einheimischen ist Lebertran, der auf Island aufgrund von Aromatisierungen viel wohlschmeckender ist als hierzulande. Jeden Tag ein Löffel „Fish Oil“ und man bekommt angeblich nie eine Erkältung. Fast ebenso allgegenwärtig ist „Plokkfiskur“, eine Art Resteessen aus Fisch, Kartoffeln und Butter.
Hotels & Unterkünfte
Es kommen nicht viele Urlauber zu den Westfjorden, daher gibt es nur ein paar kleine Hotels und Pensionen verteilt über die Dörfer in Küstennähe. Da ihr vermutlich tageweise über die Halbinsel touren werdet, könnt ihr sicher einige davon austesten. Ein festes Hotel, etwa in Ísafjörður, ist nur dann praktisch, wenn eure Ausflugsziele in der Nähe sind. Eine weitere, sehr charmante Möglichkeit, auf Vestfirðir zu übernachten, sind kleine Sommerhäuser, die zur Vermietung angeboten werden. Damit habt ihr für die Dauer eures Aufenthalts ein richtiges Zuhause und lebt ein einfaches und sehr ursprüngliches Leben mitten in der Natur.