Eine Reise nach Litauen sollte vor allem bei jenen auf dem Programm stehen, die sich an unberührter Natur, wunderbaren Wäldern und klaren Seen erfreuen. Einen kleinen Kontrast dazu bildet hingegen Vilnius, die Hauptstadt Litauens. Hier erwarten euch dutzende Kirchen in einer Altstadt voller Kultur und Geschichte.
Überblick
Vilnius (deutsch “Wilna”) ist die größte, bevölkerungsreichste und wichtigste Stadt Litauens. Der mehr als 800 Jahre alte Ort blickt auf eine ereignisreiche Geschichte zurück, was sich vor allem an den gut erhaltenen Gebäuden der Altstadt bemerkbar macht, die seit 1994 sogar UNESCO-Weltkulturerbe ist. Einer der Spitznamen von Vilnius ist Rom des Ostens. Diesen erlangte die Stadt durch die mehr als 50 Kirchen, die das Stadtbild prägen – eine schöner als die andere. Wer sich für sakrale Architektur interessiert oder Freude an wunderschönen Bauten hat, ist in Vilnius genau richtig.
Geschichte
Das Gebiet um Wilna war zwar schon lange vorher besiedelt, doch der Aufstieg der Stadt begann, als der legendäre litauische Großfürst Gediminas Anfang des 14. Jahrhunderts beschloss, hier seine neue Hauptstadt zu errichten. Die zukünftigen Bürger wurden vor allem mit religiöser Toleranz angeworben. Während überall in Europa Juden verfolgt wurden, fanden sie in Vilnius eine Zuflucht, weswegen die Stadt lange auch den Beinamen „Jerusalem des Nordens“ trug.
Nach dem Aufstieg der Polnisch-Litauischen Union folgte eine Phase des Niedergangs durch Kriege, Brände und Seuchen. Litauen und damit auch Vilnius gehörten ab 1795 zu Russland und später zur Sowjetunion, was die Bevölkerungsstruktur der Stadt stark veränderte. Vilnius gilt heute als eine westlich geprägte und sehr kosmopolitisch orientierte Stadt. Die altehrwürdige Universität, eine der ältesten in Europa, lockt viele junge Menschen aus aller Welt an und auch der Tourismus trägt dazu bei, Vilnius zu einer angesagten Stadt zu machen.
Sehenswürdigkeiten
Als „Rom des Ostens“ ist Vilnius in erster Linie bekannt für seine Kirchen. Es gibt mehr als 50 davon im gesamten Stadtgebiet, viele davon aus dem Barock. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt kann man sie teilweise besichtigen und entdeckt zudem noch einige weitere interessante Sehenswürdigkeiten.
Burg von Gediminas
Beginnt euren Spaziergang am besten am südlichen Ufer der Neris und erblickt zunächst eines der wichtigsten Wahrzeichen von Vilnius. Auf einem 142 Meter hohen Hügel steht der Gediminas-Turm, der letzte Rest der gleichnamigen Burg, die vor 700 Jahren erbaut wurde, um die Stadt vor den Deutschrittern zu schützen. Wer den Turm besteigt, kann von dessen Aussichtsplattform aus einen wunderschönen Rundumblick über Vilnius genießen.
Großfürstliches Schloss
Direkt unterhalb der Burg steht das Großfürstliche Schloss von Vilnius, die einstige Residenz der Herrscher Litauens. Das Schloss im Stile der Renaissance wurde mehrfach verändert und 1801 durch Russland demontiert. Als Zeichen der litauischen Identität wurde das Gebäude jedoch rekonstruiert und 2013 wieder eröffnet. Die Räumlichkeiten können heute für Veranstaltungen gemietet und genutzt werden. Im Keller befindet sich außerdem eine archäologische Ausstellung mit Fundstücken, die aus dem ursprünglichen Gebäude stammen. Die jetzige Inneneinrichtung hingegen stammt aus verschiedenen dazugekauften Antiquitäten.
Kathedrale St. Stanislaus
Wenige Meter neben dem Schloss trefft ihr auf die römisch-katholische Kathedrale St. Stanislaus, eines der prächtigsten und wichtigsten Gotteshäuser in Vilnius. Die Kirche wurde 1801 fertiggestellt und verfügt über einen separaten Glockenturm. Allerdings standen am selben Ort bereits zuvor mehrere Kirchen, die erste davon aus dem 13. Jahrhundert. Die Kathedrale wirkt von außen klassizistisch, erinnert im Inneren jedoch an eine typisch gotische Hallenkirche. Der Glockenturm gehörte einst zur Burganlage, wurde dann aber umfunktioniert. Wichtig war die Kathedrale als Krönungsort der litauischen Fürsten und als deren letzte Ruhestätte.
Kirche St. Anna
Ein Stück weiter Richtung Altstadt erhebt sich die römisch-katholische Annenkirche, ein im Baltikum seltenes Beispiel für den Stil der Flamboyantgotik, wie man sie vor allem aus Frankreich und Belgien kennt. Dabei werden bestimmte Formen künstlich verlängert, so dass der Eindruck lodernder Flammen entsteht. Bei der Annenkirche unterstreicht die rote Färbung diesen Eindruck zusätzlich. Das Innere der Kirche hingegen gestaltet sich relativ schlicht, was auf die Plünderungen und Verwüstungen während der napoleonischen Zeit zurückzuführen ist.
Universitätsanlage
Westlich der Annenkirche liegt der Campus der Universität Vilnius. Sie ist eine der ältesten Universitäten Europas und ging 1578 aus dem wenige Jahre zuvor gegründeten Jesuitenkolleg der Stadt hervor. Die Universität war zudem eines der Zentren der Unabhängigkeitsbewegung Ende der 1980er Jahre, die schließlich zum heutigen, unabhängigen Litauen führte. Stattet dem Campus einen Besuch ab und nehmt die einmalige historische Atmosphäre in euch auf. Die einzelnen Gebäude reflektieren alle möglichen architektonischen Stile wie Gotik, Barock, Renaissance oder Klassizismus. Schaut unbedingt auch in die Prachtsäle der Bibliothek mit ihren detailverliebten Wand- und Deckenmalereien.
Choral-Synagoge
Im Südwesten der Altstadt findet ihr die einzig noch verbliebene Synagoge Wilnas. Von mehr als 100 Synagogen ist die Choral-Synagoge die letzte, die die Zeit überdauert hat. Sie wurde bereits 1903 als Emporenbasilika mit romanischen und maurischen Formelementen errichtet. Die Synagoge bietet neben einer Mischung aus romanischen und maurischen Elementen auch in ihrem Inneren Sehenswertes. Besonders die blau gestaltete Decke der Kuppel über dem Altar ist ein echter Blickfang.
Tor der Morgenröte
Noch ein kleines Stück weiter südwestlich befindet sich das Tor der Morgenröte. Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen kleinen Rest der ursprünglichen Stadtbefestigung, genauer gesagt um ein Stadttor mit einer kleinen Kapelle darüber. Doch die Ikone in dieser Kapelle macht das Tor zu einem heiligen Ort für Litauer, Weißrussen und Polen. Dargestellt ist nämlich eine schwarze Madonna, die „Muttergottes im Tor der Morgenröte“. Sie ist die Schutzheilige der Litauer und Weißrussen und gilt als wundertätig. Daher pilgern tausende Gläubige jedes Jahr an die alte Stadtmauer von Vilnius und beten an diesem heiligen Tor.
Aktivitäten
Wer einen ausgedehnten Stadtbummel in Vilnius hinter sich hat, der freut sich sicher über ein wenig Entspannung. Wie wäre es mit einem Heißluftballonflug über die Stadt oder einer Runde als Zuschauer bei Litauens Nationalsport Basketball? Wer in Vilnius mit allem durch ist, der sollte sich zudem das nahe gelegene Trakai ansehen.
Spaziergang durch Užupis
Ihr habt noch Kraft für einen weiteren Spaziergang? Nördlich des Flusses Vilnia liegt das Künstlerviertel Užupis, das sich in den letzten Jahren als alternative „Stadt in der Stadt“ etabliert hat. Hier gibt es originelle Feste, Konzerte und Aufführungen sowie viele kreative Freiräume für Künstler und Musiker. Wenn ihr durch Uzupis schlendert, kommt ihr vermutlich auch an der inoffiziellen Verfassung vorbei, die auf einer Bronzetafel am Café Užupio Kavinė geschrieben steht. Diese halb ironische Verfassung gesteht den Einwohnern von Užupis zum Beispiel das Recht zu, zu faulenzen oder eine Katze liebzuhaben.
Wilna von oben anschauen
Eine der beliebtesten Aktivitäten von Urlaubern in Vilnius ist eine Fahrt mit dem Heißluftballon oder Zeppelin über die Dächer der Stadt. Von Frühling bis Herbst ist es möglich, sich im Ballon von der leichten Brise über die Stadt wehen zu lassen und die sagenhafte Aussicht zu genießen. Am besten macht ihr eure Tour im Heißluftballon in den Abendstunden. Der farbenfrohe Sonnenuntergang taucht die roten Ziegeldächer von Vilnius in ein ganz besonders romantisches Licht. Ein tolles Erlebnis für verliebte Paare, aber auch für die ganze Familie.
Sich einen Wunsch erfüllen
Wenn ihr gerade in der Nähe der Kathedrale St. Stanislaus unterwegs seid, dann schaut euch zwischen Hauptgebäude und Glockenturm doch einmal nach einer auffälligen Bodenplatte um. Diese trägt das Wort „stebuklas“ und wurde vom einheimischen Künstler Gitenis Umbrasas eingefügt. Stellt euch auf die Platte, denkt an euren Herzenswunsch und dreht euch dreimal um die eigene Achse. Euer Wunsch soll dann angeblich in Erfüllung gehen, so heißt es. Denn „stebuklas“ bedeutet Wunder und schon wenige Monate nach der Einsetzung der Bodenplatte wurde Litauen wieder unabhängig. Zufall?
Basketball schauen
Falls ihr Lust habt, euch eine Partie des litauischen Nationalsports anzuschauen, dann findet heraus, ob in der Avia Solutions Group Arena im Norden der Stadt vielleicht gerade ein Spiel stattfindet. Viele Litauer sind verrückt nach Basketball, während Fußball und andere Sportarten eher ein Schattendasein fristen. Trotz seiner geringen Einwohnerzahl ist Litauen international eine feste Größe, wenn es um Basketball geht. 1997 wurden die Frauen und 2003 die Männer Europameister und litauische Vereine sind Stammgäste in den europäischen Wettbewerben.
Ausflug nach Trakai
Wenn euch Vilnius allein nicht reicht, dann liegt nur wenige Kilometer westlich die Stadt Trakai. In dieser sind tolle Seen, die zum Wandern oder zu allerlei Wassersportaktivitäten einladen. Mit dem Auto braucht ihr nur eine halbe Stunde dorthin. Alternativ nehmt ihr den Bus. In den Seen befindet sich zudem die Wasserburg von Trakai, eine der beeindruckendsten mittelalterlichen Festungsanlagen. Sie hielt jahrhundertelang den Angriffen christlicher Ordensritter stand und dient heute als Museum. Dort erfahrt ihr alles zur Geschichte der Burg und seht Ausgrabungsstücke aus der Gegend.
Reise-Infos
Habt ihr Lust auf einen Urlaub in Vilnius, um euch das Herz von Litauen anzuschauen? Dann nichts wie los! Für das „Rom des Ostens“ braucht ihr keine große Vorbereitung zu treffen, und recht günstig ist es im Vergleich zu anderen europäischen Städten obendrein. Wir haben euch ein paar Tipps zusammengetragen, damit ihr euren Urlaub voll und ganz genießen könnt.
Reisezeit
Der Sommer ist auf jeden Fall die beste Zeit für einen Trip nach Vilnius. Dann ist es angenehm warm, aber nicht zu heiß, und es fällt in der Regel wenig Niederschlag. Reisen im Frühling oder Herbst sind ebenfalls möglich, wenn auch deutlich kühler als im Sommer. Die Winter in Litauen können hingegen sehr lang, kalt und nass sein.
Reisedauer & Reisevorbereitung
Vilnius ist keine allzu große Stadt und kann in der Regel bequem im Rahmen eines Wochenendtrips erkundet werden. Wenn ihr jedoch im Umland wandern wollt oder noch Touren nach Trakai oder in andere Städte Litauens machen möchtet, dann benötigt ihr natürlich mehr Zeit und solltet mindestens eine Woche für eure Reise einplanen.
Vilnius ist bekanntlich die Hauptstadt von Litauen. Da Litauen wiederum ein Mitglied der Europäischen Union und auch der Eurozone ist, fällt die formale Reisevorbereitung denkbar einfach aus. Schnappt euch einfach euren Personalausweis und ein paar Euro Taschengeld und los geht’s. Bedenkt nur, dass in Vilnius Osteuropäische Zeit gilt, also +1 Stunde zu unserer Zeit.
Anreise & Fortbewegung vor Ort
Der einfachste und schnellste Weg, nach Vilnius zu gelangen, ist das Flugzeug. Die Stadt besitzt einen Internationalen Flughafen nur wenige Kilometer südlich der Altstadt. Je nach Saison gibt es Direktflüge oder aber Verbindungen über Warschau oder Riga. Die Bahnanbindung nach Vilnius ist nicht so günstig. Wer hingegen mit dem Auto fahren möchte, darf sich auf tolle Städte entlang des Weges freuen, etwa Posen und Warschau in Polen. Allerdings müsst ihr Zeit mitbringen, denn für die gut 1.000 Kilometer braucht ihr mindestens 12 Stunden.
Innerhalb der Stadt ist der Bus das öffentliche Verkehrsmittel der Wahl. Genau genommen gibt es sogar drei Busarten, nämlich Stadtbusse, Expressbusse und Oberleitungsbusse. Mit der Vilnius City Card könnt ihr alle Busse unbegrenzt nutzen und spart euch das aufwändige Aufladen der zur Fahrt nötigen Ticket-Chipkarte.
Sprache & Verständigung
Wenig überraschend spricht man in Vilnius natürlich Litauisch, eine außerhalb des Landes eher selten anzutreffende baltische Sprache. Gerade im jungen und hippen Vilnius kommt ihr aber mit Englisch bestens zurecht. Russisch und Polnisch sind ebenfalls recht häufig zu hören.
Essen & Spezialitäten
Das Essen in Vilnius ist wie in ganz Litauen eher einfach, bodenständig und im besten Sinne bäuerlich. Wer genug hat von den schicken Restaurants der Szeneviertel und wirklich litauisch essen will, der sollte folgende Gerichte probieren:
- Didžkukuliai oder auch Cepelinai – die typischen großen Kartoffelklöße
- Šaltibarščiai – kalter Borscht als Gericht für den Sommer
- Mišrainė – ein Kartoffelsalat
- Ausytės – Teigtaschen mit Pilzfüllung
Getrunken wird zum Essen gern eines der heimischen Biere. Außerdem gehört fast immer das dunkle und kräftige litauische Brot zu den Mahlzeiten dazu. Traditionell wird es über Kalmusstroh gebacken und nicht geschnitten, sondern gebrochen oder gerissen.
Hotels & Unterkünfte
Die allermeisten Hotels befinden sich in der Altstadt und den angrenzenden Bezirken. Hier findet ihr einfache Pensionen, aber auch etwas preisintensivere 4- oder 5-Sterne-Hotels für die gehobenen Ansprüche. Wer ein Schnäppchen machen will, der schaut sich bei den Hotels in Flughafennähe oder in den äußeren Stadtbezirken um.