Habt ihr euch auch schon einmal geärgert, dass euer Flug mit einer Billigairline zur Verkaufsveranstaltung mutiert ist? Ein aktuell veröffentlichtes Schreiben an die Flugbegleiter von Ryanair belegt, wie groß der Verkaufsdruck auf das Bordpersonal ist.
Als Flugbegleiter bei Ryanair hat man scheinbar nicht viele Gründe zu lachen. Da wären einmal die schlechte Bezahlung und die Arbeitsbedingungen, ein regelrecht unberechenbarer Unternehmenschef – und nun wohl auch noch festgelegte Verkaufszahlen, die es zu erreichen gilt.
Flugbegleiter müssen verkaufen
Demnach sind es beim irischen Billigflieger nicht nur die Sicherheitsregeln, die an Bord aus dem Effeff beherrscht werden müssen. Auch wie man Snack und andere Produkte an den Passagier bringt, scheint eine Fähigkeit zu sein, die Flugbegleiter bei Ryainar dringend ausbilden sollten. Wie aus einem Schreiben hervorgeht, dass die Airline an Mitarbeiter in London-Stansted verschickt hat und das der WELT AM SONNTAG vorliegt, wird das Bordpersonal dazu angehalten, möglichst viel zu verkaufen. Konkret gibt es eine Liste an Produkten, welche die Flugbegleiter an einem Tag veräußern müssen:
- ein Parfum
- ein frisches Essen
- ein weiteres frisches Lebensmittel, z.B. Sandwich
- acht Rubbel-Lose
Wer dieses Kontingent nicht erfüllen kann, muss sich erklären, denn die Verkaufszahlen werden streng überwacht. Verkauft ein Mitarbeiter über längere Zeit zu wenig, hat mit weiteren Maßnahmen zu rechnen. Unterzeichnet hat den Brief die Leiterin des Ryanair-Standortes in London-Stansted. Das Unternehmen selbst will die Echtheit des Dokuments weder bestätigen noch dementieren. Man äußere sich grundsätzlich nicht zu Gerüchten, so die irischen Günstigflieger.
Ryanair übt druck auf Bordpersonal aus
Bei der deutschen Gewerkschaft der Flugbegleiter, Ufo, ist man davon überzeugt davon, dass das Schreiben echt ist. Und wer einmal mit Ryanair geflogen ist, kann wohl bestätigen, dass die Flugbegleiter fast ohne Pause Essen ausgeben und anschließend die Produkte aus dem Bordshop anpreisen. Gerade auf kürzeren Routen scheint es zwischen Start und Landung Schlag auf Schlag zu gehen, damit in der Luft möglichst viel Umsatz gemacht wird. Doch nicht alle Passagiere scheinen über den Wolken in Einkaufslaune zu sein, andernfalls wäre diese Art Schreiben von Ryanair wohl nicht so bekannt.
Die Airline unter der Leitung von Michael O‘Leary gerät immer wieder in die Kritik, ihre günstigen Preise auf Kosten der Mitarbeiter zu erwirtschaften. Erst im März hatte eine TV-Dokumentation der ARD aufgedeckt, wie das Unternehmen bei den Personalkosten spart, indem es etwa Scheinselbständigkeiten födert und die Bezahlung im Krankheitsfall und während des Urlaubs verweigert. Ein schroffer Umgangston mit den Angestellten sei zudem gang und gäbe, um die Mitarbeiter unter Druck zu setzen. Die Flugbegleiter bei Ryanair verdienen laut Insidern im Schnitt nur 1200 bis 1400 Euro brutto.