Airlines dürfen ihren Flugplan nicht so knapp gestalten, wie sie wollen. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Hamburger Amtsgerichts hervor (Az.: 22a C 59/16). Demnach müssen Fluggesellschaften genügend Zeit einplanen, damit Reisende ihren Anschlussflug gut erreichen können.
Wenn sich ein Zubringerflug verspätet und der Passagier dadurch den Anschlussflug verpasst, ist für ihn klar: Die Airline hat Schuld! Die Fluggesellschaft argumentiert hingegen, dass die Verzögerung der ersten Maschine nicht vermeidbar war. Für Klärung kann in so einem Fall nur noch ein Gericht sorgen.
Eine Stunde zum Umsteigen ist zu wenig
Im vorliegenden Fall, über den die Deutsche Gesellschaft für Reiserecht in ihrer Zeitschrift „ReiseRecht aktuell“ berichtete, hatte der Kläger einen Flug von Hamburg nach New York gebucht, mit Zwischenstopp in London. Für den Umstieg in die zweite Maschine hatte die ausführende Airline lediglich 60 Minuten eingeplant. Schon in der Hansestadt hob der Zubringer mit einer Verspätung von 29 Minuten ab, in London gelandet blieb dem Reisenden keine realistische Chance, den Anschlussflug in die USA zu erreichen. Zunächst gestrandet am Airport in London, erreichte der Mann erst mit der nächsten Maschine und satten fünf Stunden Verspätung den Big Apple. Seine Forderung an die Airline nach Entschädigung führte jedoch nicht zum Erfolg. Die Verspätung des Zubringerfluges sei nicht zu vermeiden gewesen, so das betroffene Flugunternehmen. Die Schuld liege daher nicht bei der Airline selbst, so die Argumentation.
Urteil zugunsten verspäteter Passagiere
Das Amtsgericht Hamburg konnte diesen Ausführungen jedoch nicht folgen. Es sei der Airline durchaus zuzumuten, dass sie ihre Flüge mit genügend Zeitpuffer zum Umsteigen gestalte, so die vorsitzenden Richter. Relevant sei, was die Fluggesellschaft in London getan habe, um den Passagier trotz Verspätung noch rechtzeitig zum Anschlussflug zu bringen. Eine Umsteigezeit von nur einer Stunde, die wegen Verspätung auf reale null Minuten zusammenschmilzt, sei jedenfalls nicht ausreichend. Einer Entschädigung für den Kläger sei deshalb stattzugeben. Mit seiner Entscheidung geht das Amtsgericht in der Hansestadt einen anderen Weg als andere Gerichte, die es ihrerseits nicht für zumutbar hielten, dass Airlines einen größeren Sicherheitspuffer für Anschlussflüge gewähren müssen. Im Streitfall können sich Reisende jedoch auf dieses Urteil beziehen, wenn sie eine Entschädigungsforderung an die Fluggesellschaft stellen.
Im Übrigen haben auch Reisende mit sogenannten Codeshare-Flügen Anrecht auf eine Entschädigung, wenn sich ihr Zubringerflug verspätet. Auch bei von zwei Airlines durchgeführten Flügen eines Passagiers sei zu erwarten, dass die Flugpläne aufeinander abgestimmt werden, so das Amtsgericht Hamburg in einem weiteren Urteil (Az.: 20a C 219/14). Flugreisenden stehen auch dann Entschädigungen zu, wenn sich die Verspätungen durch zwei oder mehr Flüge aufsummieren. Relevant ist demnach nur die Verspätung, mit der letztendlich das Ziel erreicht wird.