Seit der Jahrtausendwende hat sich das Balkanland Bosnien und Herzegowina zu einem echten Geheimtipp gemausert. Allein die traumhafte Landschaft – geprägt durch das Dinarische Gebirge – ist eine Reise wert. Leckeres Essen und viele gastfreundliche Menschen in den Städten und Dörfern gibt es als Bonus obendrauf.
Überblick
Bosnien und Herzegowina (kurz Bosnien) liegt in Südosteuropa auf der Balkanhalbinsel. Doch anders als in vielen anderen Balkanstaaten wie Kroatien locken hier nicht in erster Linie die Strände, sondern eher das große Dinarische Gebirge, das sich durch das Land zieht. Folglich findet ihr in Bosnien Hügel und Berge zum Wandern, Klettern oder Skifahren sowie schöne Landschaften mit Flüssen und sogar Wasserfällen.
Natürlich gibt es in Bosnien-Herzegowina auch einige interessante Städte. Viele davon bilden einen eindrucksvollen kulturellen Flickenteppich aus osmanischer, österreichisch-ungarischer und jugoslawischer Epoche. Auch die jüngere Geschichte ist in Städten wie Sarajevo oder Mostar noch immer greifbar und für jeden wichtig, der diesen Teil Europas verstehen will.
Geschichte
Die zwei Regionen Bosnien und Herzegowina wurden meist gemeinsam beherrscht und auch heute bilden sie ein Ganzes. Nach der Besiedlung der Region durch slawische Völker im Mittelalter erlangte im 15. Jahrhundert das Osmanische Reich die Kontrolle und behielt diese bis Ende des 19. Jahrhunderts. Nicht zuletzt deshalb ist der moslemische Einfluss in Bosnien so stark.
Bosnien blieb auch in der Moderne ein geschichtsträchtiges Land. In der Hauptstadt Sarajevo fand 1914 das Attentat auf den österreichischen Thronfolger statt, welches den Ersten Weltkrieg auslöste. Aus dem Widerstand gegen die deutsche Besetzung im Zweiten Weltkrieg entstand 1945 das sozialistisch regierte Jugoslawien, innerhalb dessen Bosnien-Herzegowina eine Teilrepublik war. Nach dem Zerfall Jugoslawien und dem folgenden Bürgerkrieg erlangte das Land letztendlich die Souveränität.
Städte
Bosnien ist ein eher dünn besiedeltes Land. Die meisten Einwohner konzentrieren sich auf die großen Städte. Wenn ihr also die Menschen kennenlernen wollt und eher die Kultur als die Natur erleben möchtet, dann müsst ihr in die Städte gehen. Dort gibt es dann allerdings auch viel zu bestaunen.
Sarajevo
Das zentral im Landesinneren gelegen Sarajevo ist nicht nur die Hauptstadt Bosniens, sondern auch die größte und wichtigste Stadt des Landes. Sie gilt unter Balkanfans als Geheimtipp. Das liegt unter anderem an der Vielfalt, die heute mehr eint als spaltet. So findet man in Sarajevo osmanische und orthodoxe Einflüsse.
Die größte Sehenswürdigkeit Sarajevos ist die Altstadt. Hier findet ihr dicht an dicht die architektonischen und kulturellen Vermächtnisse aus rund acht Jahrhunderten. Genießt ein Heißgetränk in einem Kaffeehaus oder ein Bier in einer modernen Kneipe gleich gegenüber. Macht einen Spaziergang und schaut euch erst eine Moschee, dann eine Kirche und kurz darauf eine Synagoge an. So eine Vielfalt gibt es kaum sonst auf dem Balkan.
Banja Luka
Im komplizierten Staatengebilde Bosniens nimmt Banja Luka eine Sonderstellung ein. Sie ist nämlich Regierungssitz der Republika Srpska, sozusagen eines Staates im Staat für die serbischen Bosnier. Jeder dritte Einwohner hier ist während des Bosnienkrieges aus anderen Gebieten des Landes geflohen oder vertrieben worden. 90% der Menschen in Banja Luka sind ethnische Serben. Trotz der heute homogenen Einwohnerschaft zeigt auch Banja Luka eine gewisse kulturelle Vielfalt. Moscheen, Kathedralen und Klöster sowie ein Kastell prägen das Bild der Stadt. Die Bewohner sind außerdem stolz auf ihre vielen Alleen. Laut Volksmund gibt es in Banja Luka doppelt so viele Bäume wie Menschen.
Tuzla
Die Stadt Tuzla im Nordosten des Landes ist Urlaubern nicht unbedingt ein Begriff, da es sich eher um eine Industriestadt handelt. Vor allem für sein Salz ist Tuzla bekannt. Dieses bildet Hohlräume unter der Stadt, so dass immer wieder Teile des Bodens absacken. An einer Stelle im Stadtpark wurde daraus ein künstlicher Salzsee geschaffen, der heute eine Attraktion ist. Wenn ihr also mitten im Inland in Salzwasser baden möchtet, dann solltet ihr auf jeden Fall nach Tuzla.
Zenica
Nur rund 70 Kilometer nordwestlich von Sarajevo findet ihr Zenica, eine der wichtigsten Städte in Bosnien. Zwar ist auch diese eher von industriellen Produktionsstätten geprägt, doch im Zentrum stehen viele gut erhaltene Gebäude aus den verschiedenen Epochen, darunter eine Moschee sowie eine ehemalige Synagoge, die heute ein Museum ist.
Mostar
Im Süden des Landes liegt Mostar, die größte Stadt der Herzegowina. Mostar solltet ihr auf jeden Fall besuchen, denn es steht wie kaum ein zweiter Ort für die Zerrissenheit und den Versuch der Wiedervereinigung im kriegstraumatisierten Land. Der Fluss Neretva teilt Mostar, verbunden werden die beiden Ufer durch die Brücke Stari Most.
Im Bosnienkrieg flohen viele Einwohner entweder in den bosniakischen Ostteil oder aber in den kroatischen Westteil der Stadt. Die Kroaten zerstörten die über 400 Jahre alte Brücke und teilten damit die Stadt mehr als nur symbolisch. Nach dem Krieg wurde die Brücke wieder aufgebaut und steht heute als Symbol für den Versuch, die Stadt und das Land wieder zu einen.
Neum
Fast ganz Bosnien-Herzegowina ist durch Kroatien vom Meer getrennt. Ein kleiner Ort im Süden hat den einzigen Zugang zur Adria und ist daher vor allem bei Badeurlaubern beliebt. Entsprechend viele Hotels gibt es vor Ort. Viele Polen, Tschechen und Slowaken, aber auch Deutschen und Österreicher reisen nach Neum, um am Strand im Mittelmeer zu baden.
Sehenswürdigkeiten
Außerhalb der großen Städte gibt es in Bosnien vor allem tolle Naturschauspiele zu bewundern, darunter schneebedeckte Berge, einen Urwald und rauschende Wasserfälle. Wir haben einige Tipps für euch.
Kravica-Wasserfälle
40 Kilometer südwestlich von Mostar, am kleinen Ort Studenci, befinden sich die Kravica-Wasserfälle. Der Fluss Trebižat stürzt hier aus bis zu 30 Metern in die Tiefe. Das Baden an den Wasserfällen ist problemlos möglich. Genießt das Rauschen der Wassermassen im nahegelegenen Restaurant und stärkt euch mit den regionalen Spezialitäten.
Nationalpark Sutjeska
Südöstlich von Sarajevo, unmittelbar an der Grenze zu Montenegro, befindet sich der Nationalpark Sutjeska. Zum Park gehört nicht nur der höchste Gipfel des Landes, der Maglić mit seinen 2.386 Metern, sondern auch der Perućica-Urwald, einer der letzten seiner Art in Europa. Wandert durch den Park, erlebt dichte Kiefernwälder, Schluchten und Wasserfälle. Aber geht lieber den Wölfen und Braunbären aus dem Weg, die hier einen sicheren Rückzugsort gefunden haben.
Brücke von Višegrad
Ganz im Osten des Landes, kurz vor der serbischen Grenze, liegt Višegrad. Dort findet ihr die berühmte Mehmed-Paša-Sokolović-Brücke über die Drina, seit 2007 UNESCO Weltkulturerbe. Ab 1571 erbaut, kennt ihr die 180 Meter lange und aus zehn Pfeilern mit elf Spitzbögen bestehende Brücke vielleicht aus dem Roman „Die Brücke über die Drina“ von Nobelpreisträger Ivo Andrić.
Aktivitäten
In Bosnien und Herzegowina gibt es viel zu erleben und viel zu lernen. Aber auch abseits der geschichtsträchtigen Städte hat das Land viele Aktivitäten zu bieten. Auch im Winter ist das Land eine Reise wert. Lest nun, was ihr in Bosnien mal gemacht haben solltet.
Skifahren
Überraschend, aber wahr: In Bosnien könnt ihr hervorragend Skifahren. Nicht umsonst war Sarajevo Gastgeber der Olympischen Winterspiele von 1984. Seid ihr im Winter in der Hauptstadt, dann besucht doch das Skiparadies Jahorina ganz in der Nähe. Hier findet ihr Pisten und Abfahrten in jeder Schwierigkeit sowie gemütliche Hütten mit deftigem Essen für das Après-Ski.
Wandern
Das ganze Land verfügt über viele Wälder, Hügel und Berge – ideal also für ausgedehnte Wanderungen. Haltet euch aber unbedingt an ausgewiesene Wanderpfade oder nehmt einen erfahrenen Einheimischen mit. Bosnien ist leider immer noch das am stärksten verminte Gebiet Europas.
Wildwasserfahrten
Auf den Flüssen Bosniens könnt ihr Schlauchboot, Kanu oder Kajak fahren. Kombiniert beispielsweise eine Besichtigung Mostars mit einer rasanten Fahrt auf der Neretva, die die Stadt durchfließt. Nebenbei erlebt ihr Mostar von der Wasserperspektive aus und genießt den Blick über das Stadtpanorama.
Reise-Infos
Obwohl Bosnien-Herzegowina auf dem Balkan liegt und damit nicht weit weg ist, gibt es dennoch einiges zu beachten, wenn ihr eine Reise dorthin plant. Wir haben die wichtigsten Tipps in Bezug auf Anreise, Formalien und Klima für euch zusammengetragen.
Reisezeit
Wenn ihr nicht gerade in Jahorina Skifahren wollt, solltet ihr den Bosnien-Urlaub im Sommer machen. Allerdings kann es dank des mediterranen Klimas und der Tallage der meisten Städte richtig heiß werden. In Mostar kann das Thermometer beispielsweise an einigen Sommertagen bis zu 40 Grad anzeigen.
Reisedauer
Wenn ihr so viel wie möglich vom Land sehen wollt, solltet ihr mindestens eine Woche bis 10 Tage einplanen. Die Wege zwischen den Städten sind recht lang und teilweise nicht so gut ausgebaut wie hierzulande. Konzentriert ihr euch auf eine Stadt oder Region, kann auch ein langes Wochenende lohnen, etwa nach Sarajevo oder Mostar.
Reisevorbereitung
Bosnien-Herzegowina ist nicht Teil der Europäischen Union. Ihr braucht einen Reisepass, der noch mindestens drei Monate gültig sein muss. Bezahlt wird in Bosnien mit der Konvertible Mark , einer im Zuge des Friedens Mitte der 1990er neu geschaffenen Währung, die an die Deutsche Mark gekoppelt war.
Anreise
Die Anreise mit dem Flugzeug führt euch entweder nach Sarajevo oder neuerdings auch wieder nach Mostar. Der dortige Flughafen wurde lange nicht international angeflogen. Züge und Busse nach Bosnien verkehren vor allem aus den umliegenden Ländern. Fernbuslinien aus Richtung Mitteleuropa existieren ebenso.
Wollt ihr mit dem eigenen Auto anreisen, dann plant am besten einen ganzen Tag für die Anfahrt ein. Von Süddeutschland aus ist das machbar. Die Reise führt euch durch sehr vielbefahrene Engstellen nahe den kroatischen Stränden und Städten. In weniger als zehn bis zwölf Stunden seid ihr im Sommer selbst von München aus nicht in Bosnien.
Fortbewegung vor Ort
Innerhalb der Städte könnt ihr das meiste zu Fuß erreichen oder ein günstiges Stadttaxi nehmen. Über Land ist der Bus das meistgenutzte öffentliche Verkehrsmittel. Alternativ mietet ihr euch ein Auto und fahrt durch die Berge zu euren jeweiligen Zielen. Unser Tipp: Wenn ihr von Sarajevo nach Mostar wollt, dann nehmt den Zug. Die Fahrt führt durch schöne Landschaften und ist daher eine Attraktion.
Sprache & Verständigung
In Bosnien sprechen die Menschen entweder Kroatisch, Bosnisch oder Serbisch. Gerade in den Städten könnt ihr euch aber auch mit Englisch behelfen. Da viele Bosnier im Zuge des Krieges nach Deutschland geflüchtet waren und etwas Deutsch können, wird euch auch ohne Fremdsprachenkenntnisse gern geholfen. Generell sind die Bosnier gegenüber den Deutschen sehr freundlich eingestellt.
Essen & Spezialitäten
Fast jeder kennt Balkanspezialitäten wie Burek oder Ćevapčići. In Bosnien findet ihr diese und viele andere eher deftige Speisen als Streetfood an jeder Ecke. Generell ist das Essen in dieser Region eher fleischlastig. In den Städten sind internationale Restaurants und Alternativen für Vegetarier oder Veganer vorhanden.
Einen besonderen Tipp haben wir für Besucher von Sarajevo. Wenn ihr dort seid, schaut doch mal in der Sarajevsko Pivo Brauerei vorbei. Hier gibt es nicht nur leckeres Bier, sondern auch ein angeschlossenes Restaurant. Die Brauerei ist legendär, sie versorgte die Bewohner während der Belagerung im Zuge des Bosnienkrieges mit Trinkwasser, da sie über eine eigene Zufuhr verfügte.
Hotels & Unterkünfte
In Bosnien und Herzegowina hat sich in den letzten Jahren eine facettenreiche Auswahl an Unterkünften etabliert. Ihr findet Sternehotels ebenso wie einfache Pensionen. An Hotspots wie etwa Neum oder in der Hauptstadt Sarajevo könnt ihr in jeder Komfortklasse nächtigen. In den ländlichen Regionen ist das Angebot einfacher, aber oft auch günstiger.