Kulturhauptstadt Europas 2024

Jedes Jahr wird von der Europäischen Union der Titel “Kulturhauptstadt Europas” verliehen, für 2024 dürfen sich die Städte Tartu, Bodø und Bad Ischl mit dem Titel schmücken. Wir zeigen euch, warum sich ein Urlaub dort lohnt und welches Programm euch jeweils erwartet.

Die Kultur einer Region ist nur so bunt, wie die Menschen, die sie gestalten. Somit tragen nur die reizvollsten und kulturell vielfältigsten Orte den Titel der Kulturhauptstadt Europas, der von der Europäischen Union verliehen wird. Die Vielfalt der europäischen Kulturen soll dabei präsentiert, gewürdigt und ihr Stellenwert in der Öffentlichkeit manifestiert werden. Dabei steht das umfassende Spektrum an Konzerten, Lesungen, Ausstellungen, Aufführungen und Architekturgestaltung im Vordergrund.

Seit 1985 als Kulturstadt Europas vergeben, wurde der Titel im Jahr 1999 in Kulturhauptstadt Europas umbenannt. 2007 ging man dazu über, jährlich mindestens zwei Städte gleichzeitig mit dem Titel zu ehren. In diesem Jahr laden Tartu in Estland, Bodø in Norwegen und Bad Ischl in Österreich dazu ein, die von ihnen ausgerichteten Veranstaltungen zu besuchen. Letztgenannte Stadt tritt unter Bad Ischl Salzkammergut auf, um auf die Einbindung der umliegenden Region in das Projekt aufmerksam zu machen.

Das fast 100.000 Einwohner zählende Tartu befindet sich im Osten Estlands etwa 30 km vom Peipussee entfernt, durch den die Grenze zu Russland verläuft. Ungefähr gleich weit von der Kulturhauptstadt Europas entfernt ist der Võrtsjärv, mit 270 km² der größte See des Landes. Aufgrund der kleinen flächenmäßigen Ausdehnung habt ihr es in Estland nie weit von einem Ort zum anderen. So seid ihr beispielsweise innerhalb von circa zweieinhalb Stunden mit dem Auto in der Hauptstadt Tallinn.

Möchtet ihr eure Zeit in Tartu aktiv gestalten und auch die Umgebung sehen, empfehlen wir, am Peipussee vorbeizuschauen, wo euch mit dem Naturreservat Peipsiveere ein Feuchtgebiet empfängt. Dort liegt das Flussdelta des Emajõgis und auf Wanderungen könnt ihr auf seltene Tier- und Pflanzenarten treffen. Darüber hinaus habt ihr die Gelegenheit, die Kultur der Altgläubigen kennenzulernen, die am Westufer des Sees leben. Dabei handelt es sich um Orthodoxe, deren Vorfahren im 16. Jahrhundert hierher flohen, weil sie mit damaligen Änderungen in ihrer Kirche nicht einverstanden waren. Möchtet ihr die Zeit vor Ort zum Sonnen, Baden und Wassersport treiben nutzen, begebt ihr euch ans Nordufer des Peipussees, wo ihr Motorboot- oder Floßfahrten unternehmen könnt oder das SUP wartet, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wer sich Richtung des Võrtsjärvs orientiert, hat dort ebenso die Möglichkeit, viel im Grünen sowie unter freiem Himmel unterwegs zu sein. Das Naturreservat Alam-Pedja befindet sich am nordöstlichen Ufer und ist von Mooren, überfluteten Wiesen und Wäldern durchzogen. Im Norden gibt es auch einen Sandstrand, falls ihr Lust zum Baden habt. Wer ganz große Ambitionen hat, kann den See bei einer 140 km langen Radtour umrunden. In beiden Naturreservaten gibt es für Wanderer Unterstände mit Bänken oder auch schlicht gehaltene Hütten, in denen kostenlos übernachtet werden kann. Der später im Peipussee mündende Emajõgis ist übrigens der einzige Abfluss des Võrtsjärvs.

Selbstverständlich ist Tartu auch für sich alleine genommen eine Reise wert und keinesfalls nur ein Ausgangspunkt für Ausflüge ins Umland. Von der Stadt gingen im 19. Jahrhundert Impulse zur Nationswerdung aus, was sich beispielsweise in ersten estnischen Zeitungen, Kulturvereinen oder einer in dieser Zeit gegründeten Universität widerspiegelt. Ein Anziehungspunkt Tartus ist der Rathausplatz mit seiner in Rot und Rosa gehaltenen Bürgervertretung und die Gastronomie mit ihrer Außenbestuhlung bei schönem Wetter. Dort trefft ihr zudem auf den Brunnen “Küssende Studenten”, die einen Regenschirm über sich halten.

Sehenswerte Sakralbauten sind die Johanniskirche aus dem 14. Jahrhundert mit ihrem verhältnismäßig mächtigen Glockenturm und die Domkirche auf dem Domberg, deren Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Heute ist sie nur noch eine Ruine. Verspürt ihr bei der Erkundungstour durch Tartu ein Grummeln im Magen, bietet es sich an, in der Markthalle vorbeizuschauen. Vor dem an einen antiken Tempel erinnernden Bau steht zur Erheiterung der Vorbeigehenden ein riesiges Schwein auf einem nicht minder großen Sockel. Möchtet ihr noch mehr über Land und Leute erfahren, begebt ihr euch ins Estnische Nationalmuseum, das aufgrund der Geschichte Tartus passenderweise auch dort vorzufinden ist.

Nach Tallinn im Jahr 2011 stellt Estland mit Tartu zum zweiten Mal eine Kulturhauptstadt Europas. Die Eröffnung des Programms fand vom 23. bis 28. Januar statt, am 26. Januar fiel der offizielle Startschuss. Unter dem Motto „All is One“ haben Interessierte nun bis Jahresende Zeit, Veranstaltungen zu besuchen. Diese nehmen insgesamt Bezug zu vier Bereichen. Tartu mit der Erde befasst sich mit der Abschwächung des Klimawandels, biologischen Vielfalt und Kohlenstoffneutralität. Bei Tartu mit der Menschheit  geht es unter anderem um generationenübergreifendes Lernen und der Bereich Tartu mit Europa setzt sich mit der wechselseitigen Stärkung der Beziehung zwischen der Stadt und EU auseinander. Tartu mit dem Universum hat die Zusammenarbeit der Geistes- und Sozialwissenschaften mit den Naturwissenschaften zum Thema.

Mit über 1.000 in Tartu und Südestland angebotenen Veranstaltungen möchte man bis Jahresende 1.000.000 Besucher anlocken. Wollt ihr dazugehören? Dann könnt ihr unter anderem diese von 20 Gemeinden organisierten Angebote wahrnehmen:

• Exhibition Surrealism 100. Prague, Tartu and other stories…, 04.04. – 08.09.2024
• The Inland Waters Festival (am Peipussee, Võrtsjärv und Emajõgi), 29.06. – 10.07.2024
• Tartu Classical Guitar Festival 2024, 13.08. – 18.08.2024
• Street Games Festival 27.09. – 29.09.2024
• Tartu University Orchestra Popsid (Konzert zum 50. Geburtstag des Orchesters), 09.11.2024

Bodø ist die Heimat von 53.000 Menschen und liegt in der norwegischen Provinz Nordland, zu der auch die Lofoten zählen. Zwischen Moskenes auf der Inselgruppe und der Kulturhauptstadt Europas besteht eine Fährverbindung, so dass ihr die Möglichkeit habt, die wunderschöne Region mit Bergen bis zu 1.262 m, kleinen Dörfern an der Küste und Badestellen wie Hauklandstranda kennenzulernen. Samt Fährfahrt benötigt ihr von Bodø bis Moskenes dreieinviertel Stunden. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt im Osten der Inselgruppe, da dort Wind und Seegang weniger heftig sind.

Östlich von Bodø befindet sich der 418 km² große Sjunkhatten-Nationalpark, wo ihr auf Fjorde, Seen und Gipfel bis in eine Höhe von 1.186 m trefft. Es gibt markierte Wanderwege und nicht wenige der 164 Berge sind nur mit einer Kletterausrüstung zu erobern. Macht euch auf die Suche nach seltenen Pflanzen- und Tierarten. Die im Sjunkhatten-Nationalpark anzutreffenden Schaf- oder Rentierherden solltet ihr großzügig umgehen, damit sie in Ruhe grasen können. Von Røsvik und Kjerringøy aus können Bootstouren zur Erkundung der Fjorde unternommen werden.

Im Sommer sorgt die Mitternachtssonne in Bodø und Umgebung dafür, dass es ganz spät oder früh am Tag immer noch hell ist. Ende Juni wird es quasi nie dunkel. Wenn ihr den Urlaub um den kalendarischen Sommeranfang legt, kommt ihr in den vollen Genuss dieses Phänomens. Noch faszinierender sind die Polarlichter, die man zwischen September und April sehen kann. Wenn ihr eine Tour bucht, werdet ihr zu Stellen geführt, wo das faszinierende Schauspiel am Himmel besonders gut zu beoachten ist.

Wenn Bodø nicht nur Ausgangspunkt zur Erkundung der Natur in der Umgebung sein soll, schaut euch im Rahmen einer Besichtigung die Konzerthalle am Hafen an. Der größte der vier Säle hat Platz für 900 Gäste und bietet beste Akustik. Zusammen mit der optisch stark ähnlichen Bibliothek bildet sie das Kulturviertel Stormen. Wer mehr über die Fliegerei wissen möchte, besucht das Norwegische Luftfahrtmuseum. Es zeigt 46 Flugzeuge und ist in einen zivilen und militärischen Bereich eingeteilt. Im Karl Erik Harr Museum dreht sich hingegen alles um die Bilder des gleichnamigen Künstlers.

Kommt ihr am Dom mit seinem freistehenden Glockenturm vorbei, werdet ihr dort eine Gedenktafel zu Ehren der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Söhne der Stadt sehen. Auch der Neubau des Rathauses von Bodø hat einen Turm neben sich stehen, er verfügt über eine Uhr und ist per Gebäudebrücke mit der Stadtverwaltung verbunden. Im Gegensatz zu Tartu oder Bad Ischl werden in Bodø übrigens Mautgebühren fällig. Dies nur als Hinweis, falls ihr mit dem Wohnmobil anreist oder vor Ort einen Mietwagen nutzen möchtet. Die sogenannte City-Maut gibt es im Vergleich zu anderen Ländern häufiger in Norwegen.

Norwegen hat in der Vergangenheit zwei Mal die Kulturhauptstadt Europas gestellt, nämlich 2000 mit Bergen und 2008 mit Stavanger. Für dieses Jahr gelang es Bodø, den Titel zu bekommen. Damit liegt eine Kulturhauptstadt erstmals nördlich des Polarkreises. Die Eröffnungszeremonie am 3. Februar fiel fast ins Wasser, wäre der zuvor aufgekommene Sturm nicht abgeflaut. So konnte die Feier im Hafen aber doch noch abgehalten werden. Bodø2024 ist das bisher größte Kulturprojekt der Provinz Nordland und die unter anderem hier heimischen Samen sind Teil davon.

Mehr als 1.000 Veranstaltungen werden den Besuchern präsentiert und die Angebote beschränken sich nicht nur auf Bodø, sondern werden in ganz Nordland zu sehen sein. Kommt vorbei.

• Kunstausstellung Queer Ways – Pilgrimage to Change, 19.04. – 28.04.2024
• EUROGYM-show (Turn-, Tanz- und Gymnastikfestival), 15.07. – 17.07.2024
• Nordland Musikkfestuke (Festival mit Schwerpunkt Klassik), 02.08. – 11.08.2024
• Kuratoromvisning i utstillingen Å gi den rette form (Museumsführung zum Thema samisches Handwerk an mehreren Tagen), 25.05. – 08.10.2024
• Nordland by light (Lichtinstallationen), 11.11. – 30.11.2024

Der 14.000 Einwohner zählende Kurort Bad Ischl befindet sich im Herzen des Salzkammergutes, einer Region, die sich zwischen Salzburg im Westen und den Kalkalpen im Osten erstreckt. Das Dachsteingebirge bildet die südliche Grenze, während das Salzkammergut im Norden bis nach Laakirchen und etwas darüber hinaus reicht. Etwas mehr als zwei Drittel der Region gehören zu Oberösterreich, während der Anteil der Steiermark am anderen Drittel etwas größer ist als der des Salzburger Landes. Im Laufe der Zeit wurden dem Salzkammergut immer mehr Gebiete zugerechnet, so dass es heute größer ist als noch im 19. Jahrhundert oder früher.

Im Salzkammergut fühlen sich sowohl Wanderer als auch Badeurlauber und Wintersportler wohl. Der über 370 Kilometer lange BergeSeen Trail legt euch auf 23 Tagesetappen die Schönheit der Region zu Füßen, darunter 35 Seen. Das Gamsfeld ist mit 2.027 m der Höchste der auch Osterhorngruppe genannten Salzkammergut-Berge. Im Sommer werdet ihr auf Wanderungen freilaufenden Kühen begegnen, die ihr besser weit umgeht, um die Tiere nicht zu verschrecken. Sportlich wird es auch beim Bewältigen der Klettersteige, die es in vier Schwierigkeitsstufen gibt. Darunter finden sich auch für Kinder und Jugendliche geeignete Routen.

Im Sommer locken außerdem der Traun-, Atter-, Mond- oder Wolfgangsee, um nur einige zu nennen. Ersterer ist mit 191 m der tiefste See Österreichs und wird außer von Tauchern wegen des starken Windes gerne von Wakeboardern, Seglern und Surfern besucht. Nehmt eure Badesachen mit und macht es euch an einem der Strände bequem, in der Region ist es nie weit bis zum nächsten See. Ganz Verwegene nutzen sie in der kalten Jahreszeit zum Winterbaden. Dies sollte aber nur geschehen, wenn ihr vorher schon im Herbst oder zu Hause beim Wechselduschen geübt habt. Zum Kulturprogramm gehört das Vorbeischauen in den Salzwelten Hallstatt, die das älteste Salzbergwerk der Welt darstellen!

Ihr möchtet euch ausschließlich in Bad Ischl aufhalten? Dann schaut euch auf jeden Fall die Kaiservilla an, in der sich die Monarchen Sisi und Franz Josef immer im Sommer aufhielten. Vor Ort könnt ihr auch gleich durch den Park spazieren, in dem sich der Bau befindet. In der Trinkhalle finden ebenso wie im Konkress & TheaterHaus regelmäßig Veranstaltungen statt. Mit der katholischen Stadtpfarrkirche und der evangelischen Friedenskirche sind zwei sehenswerte Gotteshäuser vorhanden. Erholt euch von einer Besichtigungstour bei einem Spaziergang entlang der Traun oder in der Therme der Kulturhauptstadt Europas.

Auch im Winter seid ihr im Salzkammergut gut aufgehoben, dann nämlich eignen sich die Berge für den Wintersport. Das Familienskigebiet Feuerkogel stellt beispielsweise 15 Pistenkilometer für Abfahrtsski bereit, während Langläufer 16 Kilometer Piste zur Verfügung stehen. Im Skigebiet Dachstein Krippenstein wartet mit einer Länge von elf Kilometern die längste Talabfahrt Oberösterreichs auf Wintersportbegeisterte.

Bisher konnten in Österreich Graz und Linz den Titel Kulturhauptstadt Europas für sich beanspruchen. Nach 2003 und 2009 ist es wieder so weit, denn dieses Jahr darf sich Bad Ischl zusammen mit dem Salzkammergut so nennen. Die Eröffnungsfeierlichkeiten fanden am 20. und 21. Januar statt, als Motto für das Programm haben sich die Organisatoren auf den Titel “Kultur ist das neue Salz” geeinigt. Hierbei wird auf die Bedeutung des Rohstoffes für das Salzkammergut Bezug genommen. Das Salz wird seit 7.000 Jahren abgebaut und machte die Region reich und auch heute noch wird es gefördert. Noch bis Ende 2024 haben die Kulturinteressierten unter euch Zeit, das in folgende vier Bereiche eingeteilte Programm zu besuchen: Bei Macht und Tradition geht es um offene und aktive Erinnerungskultur, während sich Kultur im Fluss mit kultureller Identität befasst. Sharing Salzkammergut – Die Kunst des Reisens setzt sich mit dem voneinander Lernen auseinander. Globallokal – Building the New beschäftigt sich mit Überlegungen zur Welt von morgen.

Am Programm wirken 23 Gemeinden aus den Bundesländern Oberösterreich und Steiermark mit. Für alle, die es nicht abwarten können zu erfahren, welche Veranstaltungen angeboten werden, haben wir hier eine kleine Auswahl getroffen. Bestimmt ist auch etwas für euch dabei.

• Musikmaschine (traditionelle Instrumente treffen auf elektronische Musik), 06.02. – 20.04.2024
• Wege des Widerstands (sieben Wanderungen zu Orten, die für den Kampf gegen die Naziherrschaft von Bedeutung waren), 25.05. – 28.09.2024
• Ausstellung Zeitreise – zwischen gelebter Tradition und Klischee (historische Fotografien neu interpretiert), 19.05. – 30.08.2024
• Ausstellung Kunst mit Salz und Wasser (beinhaltet unter anderem Skulpturen und Installationen), 13.02. – 31.10.2024
• Ausstellung City of Ceramics – Clayvolution, 20.09. – 02.11.2024