Lille im Norden Frankreichs entdecken


Die nordfranzösische Stadt Lille gehört nicht unbedingt zu den bekanntesten Urlaubsorten in Frankreich. Doch bezaubernde Bauwerke aus mehreren Epochen sowie Museen, charmante Märkte und kulinarische Köstlichkeiten machen Lille zu einem abwechslungsreichen und lohnenswerten Ziel.

Überblick

Lille liegt im äußersten Norden Frankreichs, an der Grenze zur belgischen Region Flandern. Im Mittelalter gehörte die Stadt zur Grafschaft Flandern und einiges erinnert noch an diese Vergangenheit, wie ihr später feststellen werdet. Heute ist Lille Hauptstadt der Region Hauts-de-France und bildet mit flämischen Städten den Eurodistrikt Lille-Kortrijk-Tournai samt rund zwei Millionen Einwohnern.

Grand-Place-Lille
Die Grand Place in Lilles Altstadt

Lille wird oft die Stadt der Kunst und Geschichte genannt. Tatsächlich verfügt Lille über ein außerordentlich schönes Stadtbild, das ihr euch bei ausgiebigem Schlendern und Bummeln anschauen solltet. Auch Museums- und Kulturfreunde kommen in Lille nicht zu kurz – sowie auch Anhänger französischer Kochkunst.

Geschichte

Lille wurde vermutlich im 11. Jahrhundert auf einer Sumpfinsel im Tal des Flusses Deûle gegründet. Daher leitet sich auch der Name der Stadt ab, der ursprünglich L’Isle – die Insel – lautete. Lille wurde durch das Tuchmacherhandwerk schnell eine wohlhabende Stadt und somit Streitgegenstand vieler Auseinandersetzungen über die Jahrhunderte.

Über die Zeit hinweg gehörte Lille zu Frankreich, Burgund, dem Heiligen Römischen Reich sowie den spanischen Niederlanden. In den beiden Weltkriegen wurde die Stadt jeweils von deutschen Truppen besetzt und durch Kämpfe stark in Mitleidenschaft gezogen.

Bedingt durch den Strukturwandel verloren Gewerbe und Industrie in Lille immer mehr an Bedeutung. Textilindustrie und Maschinenbau sind aber immer noch wichtig in der Region. Heute ist Lille aber auch ein kulturelles und wissenschaftliches Zentrum, wobei auch der Tourismus eine wichtige Rolle spielt.

Sehenswürdigkeiten

Lille ist eine Stadt mit einer fast tausendjährigen Geschichte. Entsprechend vielseitig und interessant gestalten sich da natürlich auch die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Bei einem Stadtbummel zu Fuß macht ihr in wenigen Stunden eine Reise durch die Jahrhunderte.

Grand Place

Beginnt euren Stadtspaziergang am besten an der Grand Place, dem Herzen der Altstadt von Lille. Dieser geräumige Platz ist umringt von den typisch flämischen Gebäuden aus dem 17. Jahrhundert mit verzierten Fassaden – ein tolles erstes Fotomotiv. Angrenzend könnt ihr einige wunderbare, verträumte Straßen und Gassen erkunden.

Die Grand Place heißt eigentlich Place du Général de Gaulle, benannt nach dem Anführer des französischen Widerstands gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg und späteren Staatspräsidenten. Jener wurde 1890 in Lille geboren. Sein Geburtshaus liegt etwas nördlich der Altstadt und ist heute ein Museum über das Leben und Wirken des Staatsmannes.

Alte Börse

Direkt an den großen Platz angrenzend findet ihr die Alte Börse von Lille, ein wunderschöner Häuserkomplex der flämischen Renaissance. Er besteht aus 24 identischen Mansardenhäusern in warmen und kräftigen Orangetönen, reich verziert mit Skulpturen, Bögen und Girlanden. Die Statue von Merkur, Gott der Händler, gilt als eines der Wahrzeichen Lilles.

Die Alte Börse wurde Mitte des 17. Jahrhunderts gebaut und größtenteils von den örtlichen Händlern finanziert, die sich ein repräsentatives Gebäude für ihre Geschäfte wünschten. Früher der zentrale Anlaufpunkt für Kaufleute, überrascht die Börse heute mit einem Antiquitätenbuchmarkt im Innenhof. Stöbert dort nach Herzenslust und findet das eine oder andere Juwel für euer Bücherregal.

Cathédrale Notre-Dame-de-la-Treille

Gleich nördlich des Grand Place findet ihr die Kathedrale der Stadt Lille. Sie wurde 1854 im neugotischen Stil errichtet und ist Maria, der Mutter Jesu, gewidmet. Seit dem 13. Jahrhundert wurde eine als heilig verehrte Holzskulptur in Lille aufbewahrt und 1874 schließlich in die neu gebaute Kathedrale überführt, wo sie allerdings 1959 gestohlen wurde.

Lille-Blick-auf-die-Kathedrale
Lille: Blick auf die Kathedrale

Im Jahr 1999 erhielt die Kirche eine moderne Westfassade. Mit rund 2.500 Quadratmetern birgt das Gebäude die größte Krypta in ganz Europa. Innen glänzt die Kathedrale durch feinste liturgische Verzierungen und große Bleiglasfenster, die den Raum in farbiges Licht tauchen.

Hospice Comtesse

Direkt neben der Kathedrale fällt euch womöglich ein weiteres Gebäude auf, nämlich das Hospice Comtesse. Das aktuelle Hauptgebäude stammt aus dem 17. Jahrhundert und dient als Museum für Alltagsgegenstände und Möbel aus der Renaissance. An selber Stelle gab es aber schon seit 1236 ein Hospiz, gestiftet von Johanna von Konstantinopel, der Gräfin von Flandern.

Rathaus mit Belfried

Südlich des Bahnhofs Lille Flandres befindet sich das Rathaus der Stadt, das Hôtel de ville de Lille. Zum Rathaus gehört ein sogenannter Belfried, ein für flämische Städte typischer Glockenturm, der mit 104 Metern der höchste der Region ist und zudem Teil des UNESCO-Weltkulturerbes „Belfriede in Belgien und Frankreich“ gehört. Ihr könnt mit einem Aufzug fahren und den Ausblick über die Stadt genießen.

Der-Belfried-von-Lilles-Rathaus
Der Belfried von Lilles Rathaus

Anders als Kirchtürme sind Belfriede ein Symbol weltlicher Macht. Die Handelsgilden schufen so ein Gegengewicht zum Klerus. Genutzt wurden die Belfriede als Schatzkammer, Archiv und Wachturm oder zum Ausrufen öffentlicher Angelegenheiten.

Zitadelle von Lille

Auf einer Art Insel in der Deûle nordwestlich der Altstadt findet ihr die berühmte Zitadelle von Lille. Sie gilt als Königin der Zitadellen und als Prunkstück französischer Festungsbaukunst der Renaissance. Ihr Architekt war der berühmte Sébastien Le Prestre de Vauban, der Festungsbaumeister des Sonnenkönigs Ludwig XIV.

Lille-Bruecke-zur-Zitadelle
Lille: Brücke zur Zitadelle

Die charakteristische fünfeckige Form der Zitadelle hat militärische Gründe. Die fünf Bastionen an den Ecken können sich gegenseitig Deckung geben und machten die Zitadelle lange Zeit uneinnehmbar. Auch heute noch wird die Anlage militärisch genutzt, daher ist sie nur an wenigen Sonntagen und nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen.

Aktivitäten

Ihr habt die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Lilles bereits erkundet, habt aber noch nicht genug von dieser tollen Stadt? Dann haben wir für euch noch einige interessante Aktivitäten, um euren Urlaub in Nordfrankreich zu einem besonderen und einzigartigen Erlebnis zu machen.

Durch Euralille spazieren

Ihr habt genug vom Flair der Renaissance und Gotik und möchtet ein wenig Moderne? Dann ist das Viertel Euralille genau das Richtige. Es liegt südlich der Altstadt und besticht mit zahlreichen modernen und futuristischen Gebäuden. Zudem könnt ihr hier nach Lust und Laune einkaufen gehen, zum Beispiel im gleichnamigen Einkaufszentrum.

Mutet-futurisch-an-Euralille
Mutet futurisch an: Euralille

Euralille war ein groß angelegtes Planungsprojekt, das bis in die 1980er Jahre zurückreicht. Ziel war es, die infrastrukturelle Anbindung der beiden nahegelegenen Bahnhöfe zu nutzen, um einen europäisch angehauchten Geschäftsbezirk zu erschaffen. Im Jahr 2000 wurde das ursprüngliche Gelände sogar erweitert.

Ausflug zum Strand

Wenn ihr genug habt vom Trubel der Stadt und einen Tag in der Natur entspannen möchtet, dann lohnt sich ein Abstecher an die Ärmelkanalküste von Haute-de-France. Zwei Autostunden entfernt liegt beispielsweise das Seebad Le Touquet-Paris-Plage. Dort gibt es einen wunderbaren, zwei Kilometer langen Sandstrand zum Entspannen und Sonne tanken.

Der Ort Le Touquet-Paris-Plage wurde erst im 19. Jahrhundert als Seebad gegründet und zunächst oft von Engländern besucht. Dank der Anbindung an das Eisenbahnnetz wurde der Ort dann aber zur Anlaufstelle für nach Erholung dürstende Hauptstädter – daher auch der Namenszusatz Paris-Plage.

Kultur genießen

Lille ist eine absolute Museumsstadt und ihr solltet ein oder zwei der wichtigsten Museen besucht haben, wenn ihr dort seid. Im Palais de Beaux Arts, dem zweitgrößten Museum des Landes nach dem Louvre, erwarten euch 2.000 Gemälde und Statuen weltbekannter Künstler aus der Renaissance. Im  Musée d’Art Moderne hingegen findet ihr moderne Kunst von Picasso bis Monet sowie eine Ausstellung zu Kunst von Menschen mit Behinderung.

Im Jahre 2004 war Lille Kulturhauptstadt Europas und investierte vorab viel in die Ausgestaltung der Kunst. So wurden viele ehemalige Fabrikgebäude und Bahnhöfe zu Ausstellungsräumen oder Theatern umgestaltet. Wir empfehlen euch abends einen Besuch im Cabaret oder auch ein Konzert des hochklassigen Orchestre National de Lille.

Auf den Trödelmarkt gehen

Solltet ihr zufällig am ersten Wochenende im September in Lille weilen, dann kommt ihr gerade recht zur Braderie von Lille. Dieses Volksfest findet seit dem 12. Jahrhundert in Lille statt und gilt als größter Trödelmarkt in Europa. Tausende von Verkaufsständen und mehr als zwei Millionen Besucher machen die Braderie zu einer Top-Veranstaltung der Stadt.

Moules-Frites
Traditionelle Essen zur Braderie: Moules Frites

Das traditionelle Essen zur Braderie ist übrigens Moules-frites. Das sind Miesmuscheln in Gemüsesud mit Pommes frites. Die Restaurants nehmen dabei an einem Wettbewerb teil. Sie häufen die Schalen der verzehrten Muscheln vor den Türen auf. Wundert euch nicht, wenn überall Haufen aus Muschelschalen liegen.

Street Art entdecken

Eine ganz andere Art der Kunst findet ihr in den sonst eher ruhigen Stadtteilen Moulins und Wazemmes. Über eine Strecke von vier Kilometern erstreckt sich eine Art Urban Street Gallery, geschmückt mit Graffiti und Bildern an Hausfassaden und Schaufenstern. Am besten bucht ihr eine Führung, damit euch auch die versteckten kleinen Kunstwerke nicht entgehen.

Reise-Infos

Möchtet ihr die Stadt in ihrer ganzen Pracht und Schönheit erleben? Dann nichts wie los, denn Nordfrankreich ist nicht weit weg und eine Reise dorthin sehr einfach. Damit aber auch wirklich alles gut klappt, haben wir nachfolgend hilfreiche Reise-Infos.

Reisezeit

Zugegeben, das Wetter in Lille ist nicht ganz so warm und sonnig wie beispielsweise an der Côte d’Azur. Doch im Sommer wird es auch im Norden angenehm warm und niederschlagsarm. Daher empfehlen wir für euren Lille-Urlaub die Monate Juni bis September.

Brunnen-vor-der-Praefektur-in-Lille
Brunnen vor der Präfektur in Lille

Reisedauer

Je nachdem, von wo ihr anreist, eignet sich Lille durchaus auch als Tagesausflugsziel. Allerdings habt ihr dann nicht ganz so viel Zeit, euch in Ruhe die wunderbare Stadtarchitektur anzuschauen. Daher empfiehlt sich für einen Städteurlaub in Lille mindestens ein langes Wochenende.

Reisevorbereitung

Wie für alle Länder der Europäischen Union bzw. des Schengen-Raums benötigt ihr auch für Frankreich keinen Reisepass. Es reicht der Personalausweis. Außerdem hat auch Frankreich bekanntlich den Euro, so dass jegliches Geld umtauschen hinfällig wird.

Anreise

Lille besitzt nur einen kleinen Flughafen, der per Zwischenstopp erreicht werden kann. Wenn ihr dennoch so in die Stadt gelangen möchtet, könnt ihr entweder mit einem Umstieg – etwa in Genf – fliegen oder ihr besteigt ein Flugzeug nach Paris und fahrt von dort aus mit dem TGV in nur einer Stunde nach Lille.

Besagter Hochgeschwindigkeitszug bringt euch auch aus dem Westen Deutschlands nach Lille, auch wenn die Geschwindigkeit nicht so hoch ist wie auf den Spezialschienen in Frankreich. Plant von Köln aus rund vier Stunden ein. Mit dem Auto erreicht ihr Lille ohne Stau in etwa derselben Zeit. Die Anfahrt mit dem eigenen Auto eignet sich zudem optimal, um den Aufenthalt in Lille mit einer kleinen Rundreise durch Belgien oder Frankreich zu verknüpfen.

Fortbewegung vor Ort

Die mit Sehenswürdigkeiten gespickte Innenstadt Lilles erkundet ihr am besten zu Fuß. Für alle etwas weiter entfernt liegenden Orte empfehlen wir euch die Nutzung des gut ausgebauten Metro-, Bus- und Straßenbahnsystems der Stadt. Einen Mietwagen braucht ihr höchstens für einen Ausflug an den Strand.

Sprache & Verständigung

Selbstverständlich wird in Lille französisch gesprochen. Es kann aber sein, dass euch das Verständnis der Sprache aufgrund des regionalen Dialekts schwerer fällt. In Lille und Umgebung hört ihr nämlich auch Picardisch. Dabei handelt es sich um eine galloromanische Sprache, wie sie auch im französischen Orignial des Films “Willkommen bei den Sch’tis” zur Anwendung kommt.

Kulinarische Spezialitäten

Die Esskultur ist in Frankreich generell sehr wichtig und weltberühmt. Lille bildet da keine Ausnahme. Das beginnt bei den leckeren gefüllten Méert-Waffeln, die auf eine fast 200 Jahre alte Tradition zurückblicken und hört bei Carbonade Flamande (Eintopf mit Schmorfleisch) und Waterzoi (fisch- oder fleischhaltiger Eintopf), zwei typisch flämischen Gerichten, noch längst nicht auf. Lasst es euch am besten auf einer der stilvollen Terrassencafés schmecken, die vor allem in der Altstadt zu finden sind.

Flaemische-Karbonade
Guten Appetit: Flämische Karbonade

Anders als in anderen Regionen Frankreichs bevorzugt man hier Bier statt Wein. Probiert die einheimischen Sorten, etwa das helle La Dix oder das Noir Stout mit Kaffee und Vanille. Ein Muss ist definitiv ein Besuch in einer Pâtisserie. Verwöhnt euch mit süßen Köstlichkeiten und bringt diese auch euren Liebsten daheim mit.

Hotels & Unterkünfte

Die meisten Unterkünfte findet ihr in der Innenstadt. Dort gibt es vergleichsweise günstige Budget-Hotels, aber auch Sterne-Hotels für den gehobenen Anspruch. Wer seinen Aufenthalt ganz besonders machen möchte, gastiert in Unterkünften, untergebracht in Gemäuern aus dem 15. Jahrhundert.

Sag uns Deine Meinung zu diesem Thema

* Pflichtfelder