Wer die Vielfalt der europäischen Kultur erleben möchte, der sollte einen Blick auf das Baltikum werfen. Litauen, der südlichste der drei Baltikum-Staaten, bietet Reisenden einen unvergleichlichen und vielfältigen Mix aus Historie, Kultur und Natur am Schnittpunkt aus Nord-, Ost- und Mitteleuropa.
Überblick
Die Republik Litauen ist geprägt von viel Wald, einem wunderschönen Küstenstreifen am Kurischen Haff der Ostsee sowie mehr als 200 Naturschutzgebieten und Nationalparks. Litauen ist durch seine unberührte Naturlandschaft daher vor allem bei Wanderern und Radfahrern sehr beliebt.
Im Kontrast dazu stehen eine Reihe geschichtsträchtiger Städte, die auf eine wechselvolle Historie zurückblicken. Vor allem die Hauptstadt Vilnius sowie Kaunas und Klaipeda glänzen durch monumentale Bauwerke und andere Sehenswürdigkeiten aus mehr als tausend Jahren litauischer Geschichte zwischen Nord, Ost und West.
Geschichte
Die Anfänge Litauens als zusammenhängendes Staatsgebilde reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Es folgte eine expansive Epoche, auf deren Höhepunkt sich das Reich sogar über Kiew hinaus bis ans Schwarze Meer ausdehnte. Im 16. Jahrhundert ging Litauen jedoch in der Polnisch-Litauischen Union auf und blieb dort bis zu den Teilungen Polens.
Seit 1795 stand Litauen unter russischer bzw. sowjetischer Herrschaft, mit Ausnahme kurzer Perioden der Eigenständigkeit im Zuge der beiden Weltkriege. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde Litauen 1990 wieder unabhängig und gehört heute als EU- und NATO-Mitglied zu den stabilen Demokratien in Osteuropa.
Städte und Regionen
Litauen ist ein vergleichsweise dünn besiedeltes Land und hat trotz seiner Größe nur knapp 2,8 Millionen Einwohner. Es gibt daher nur wenige große Städte, die aber dennoch absolut lohnenswerte Reiseziele sind. Die bekannteste Region Litauens ist die Kurische Nehrung als Erholungsgebiet an der Ostsee.
Vilnius
Die litauische Hauptstadt Vilnius, oder Wilna auf deutsch, wird auch das „Rom des Ostens“ genannt und ist eine der kulturell wertvollsten und interessantesten Städte Osteuropas. Das gilt vor allem für die Altstadt mit ihren zahlreichen Kirchen und barocken Bauwerken aus der Zeit der Renaissance. Die Altstadt, welche seit 1994 zum UNESCO-Welterbe zählt, sollte bei einem Trip nach Litauen auf keinen Fall ausgelassen werden.
Wenn ihr in Vilnius seid, solltet ihr also unbedingt die Altstadt erkunden, die sich am Ufer der Neris befindet. Hier erwarten euch Kathedralen, Kirchen und die letzte verbliebene Synagoge, dazu beeindruckende Bauwerke in der Universitätsanlage sowie die Rekonstruktion des Großfürstlichen Schlosses und die verbliebenen Ruinen der Burg von Gediminas.
Kaunas
Kaunas ist die zweitgrößte Stadt Litauens und zudem im Jahre 2022 gemeinsam mit zwei anderen Orten auch die Kulturhauptstadt Europas. Ähnlich wie in Vilnius findet ihr auch hier zahlreiche gut erhaltene historische Bauwerke, darunter natürlich auch zahlreiche Kirchen und die Peter-und-Paul-Kathedrale, den Bischofssitz des Erzbistums Kaunas. Außerdem verfügt Kaunas über einige sehenswerte Museen, die die Bedeutung der Stadt als Kulturmetropole unterstreichen. So ist das Čiurlionis-Museum dem wohl bekanntesten Komponisten und Maler Litauens gewidmet. Weitere Kunst- und Literaturmuseen sowie ein großes Freilichtmuseum runden die Museumslandschaft von Kaunas ab.
Klaipeda
Die Hafenstadt Klaipeda, oder Memel im deutschsprachigen Raum, blickt auf eine vielfältige Vergangenheit zurück und war als strategisch wichtiger Ort lange Zeit zwischen Deutschem Reich, Russland und Litauen umstritten. Dies zeigt sich auch im Stadtbild, das vor allem durch viele Fachwerkhäuser aus preußischer Zeit geprägt ist.
Klaipeda ist außerdem bekannt für seine Kunst im öffentlichen Raum. Dutzende Skulpturen, Denkmäler und Kunstwerke sind bei einem Spaziergang durch die Stadt zu entdecken. Etwas nördlich der Stadt an der Ostsee liegt der Badeort Palanga, welcher wohl der bekannteste in Litauen ist.
Kurische Nehrung
Die Kurische Nehrung ist eine auffällig geformte, langgezogene Halbinsel, die zur Hälfte zur russischen Oblast Kaliningrad und zur anderen Hälfte zu Litauen gehört. Die Nehrung trennt das Kurische Haff vom Rest der Ostsee. Die Trennung macht die Halbinsel außerdem ideal für Badegäste. Wenn ihr in diesem Teil Litauens seid, dann macht euch am besten auf nach Nida, dem Hauptort für Reisende auf der Kurischen Nehrung. Hier findet ihr tolle Strände sowie viele gastronomische Annehmlichkeiten. Selbst Thomas Mann hatte in Nida ein Sommerhaus.
Sehenswürdigkeiten
Die meisten der oft mittelalterlichen Sehenswürdigkeiten befinden sich in den drei großen Städten Litauens. Wer also in Vilnius, Kaunas und Klaipeda jeweils einen Spaziergang macht, sieht bereits die wichtigsten Bauwerke. Auf jeden Fall solltet ihr zusätzlich die Wasserburg Trakai etwas außerhalb von Vilnius besuchen.
Kathedrale St. Stanislaus
Litauen war lange Zeit – und ist nach wie vor – ein Bollwerk des Katholizismus im Kontrast zur russisch-orthodoxen Religion, die sich trotz langer Zugehörigkeit Litauens zum Russischen Reich beziehungsweise zur Sowjetunion nie durchsetzen konnte. Das auffälligste katholische Bauwerk ist wohl die Kathedrale St. Stanislaus in Vilnius. Die mehrfach umgebaute Kathedrale ist aber nicht nur sehr schön anzuschauen, sondern hat einen hohen Stellenwert für die litauische Geschichte. Die meisten der alten Großfürsten wurden hier gekrönt und auch begraben. Außerdem ruht hier der heilige Kasimir, der Schutzheilige der Litauer.
Tor der Morgenröte
Ein weiteres wichtiges Kulturdenkmal der litauischen Hauptstadt ist das Tor der Morgenröte, ein Bestandteil der alten Stadtmauer von Vilnius. Über dem Tor befindet sich eine Kapelle, in der eine Ikone der Schwarzen Madonna ausgestellt ist. Sie wird auch „Muttergottes im Tor der Morgenröte“ genannt. Die Ikone im Tor der Morgenröte ist ein tief verehrtes Heiligtum bei Litauern, aber auch Belarussen und Polen. Die Muttergottes gilt als wundertätig und zahllose Pilger strömen deshalb jedes Jahr nach Vilnius. Der Schöpfer der Ikone ist indes bis heute nicht eindeutig bekannt.
Burg Kaunas
Nicht in der Hauptstadt Vilnius, sondern in Kaunas steht die älteste Mauer-Burg des Landes. Dort, am Zusammenfluss von Neris und Memel, wurde bereits im 14. Jahrhundert eine Wehranlage errichtet, um die einfallenden Kreuzritter des Deutschen Ordens abzuwehren. Die Burg ist trotz ihres Alters noch gut erhalten und beherbergt einen Teil der Sammlung des örtlichen Stadtmuseums.
Berg der Kreuze
Nördlich der kleinen Stadt Šiauliai befindet sich einer der wichtigsten und eindrucksvollsten Wallfahrtsorte Osteuropas, nämlich der sogenannte Berg der Kreuze. Berg ist dabei allerdings leicht übertrieben, denn der Hügel ist gerade einmal zehn Meter hoch. Ungleich imposanter sind allerdings die mehr als 50.000 Kreuze, die dort aufgestellt sind. Es ist nicht mehr so ganz klar, wann genau die Litauer begannen, auf dem Hügel bei Šiauliai Kreuze aufzustellen. Auf jeden Fall taten sie es immer wieder dann, wenn Litauer im Kampf gegen Besatzer ihr Leben ließen – sei es gegen den Zaren, die Sowjetunion oder das eigene Regime. So wurde der Berg der Kreuze zu einem Symbolort der litauischen Unabhängigkeit.
Wasserburg Trakai
Westlich von Vilnius, auf dem Stadtgebiet der Stadt Trakai, befindet sich eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Litauens, nämlich eine spätmittelalterliche Wasserburg. Sie liegt auf einer Insel inmitten einer Wasserfläche aus drei benachbarten Seen und wird heute vor allem als Museum benutzt.
Erbaut wurde die Burg bereits im 14. Jahrhundert und war Residenz des legendären Großfürsten Gediminas, bevor dieser Vilnius gründete. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden hier immer wieder wichtige Schlachten mit den Deutschrittern geschlagen, ehe sich Litauen durchsetze und schließlich zur regionalen Großmacht aufstieg.
Aktivitäten
Litauen gilt als Land der Wälder und ist daher vor allem bei Wanderern und Naturfreunden äußerst beliebt. Dank der Ostseeküste lässt es sich in Litauen aber auch bestens am Strand entspannen. Wer es urbaner mag, der entdeckt vielerorts interessante Museen und kulturelle Besonderheiten der Folklore.
Litauischen Wald erkunden
Wenn ihr Naturfreunde seid, dann besucht am besten den Nationalpark Aukštaitija nordöstlich von Vilnius. Auf mehr als 400 Quadratkilometern könnt ihr hier beim Wandern oder Radwandern ein Bad in einem der zahlreichen glasklaren Seen nehmen.
An den Strand gehen
Wem der Sinn mehr nach Strand und offener See steht, der sollte sich nach Westen wenden. Litauen verfügt über einen langen Küstenstreifen zur Ostsee mit einigen beschaulichen Städtchen und Dörfern für einen Badeausflug. Zwischen Nida und Palanga findet ihr jede Menge Strände für einen Tag an der Ostsee.
Dem Teufel auf die Schliche kommen
Wie bereits erwähnt ist die Stadt Kaunas voll mit interessanten Museen. Eines davon widmet sich keinem Geringeren als dem Teufel persönlich. Der Maler Antanas Žmuidzinavičius gründete einst die Sammlung von Teufelsdarstellungen und erweiterte sie nach und nach. Heute befinden sich mehr als 3.000 Skulpturen und Schnitzereien im Museum, die alle ein Abbild Lucifers darstellen.
Den Mittelpunkt Europas besuchen
Der geografische Mittelpunkt Europas ist ein Titel, um den sich mehrere Ortschaften streiten. Je nachdem, wo man die Grenze zu Asien zieht, liegt der ominöse Punkt mal in Weißrussland, dann wieder in Ungarn oder auch in Tschechien. Laut dem französischen Institut Géographique National liegt der Mittelpunkt Europas aber in Purnuškės nördlich von Vilnius. Die Stele, die auf den Punkt hinweist, ist auf jeden Fall ein Erinnerungsfoto wert.
Einen Schmerzensmann kaufen
Eines der häufigsten Souvenirs aus Litauen ist der sogenannte „Schmerzensmann“, der auf litauisch auch Rūpintojėlis genannt wird. Diese kleinen Jesusskulpturen zeigen Christus sitzend und in sinnierender Haltung. Sie entsprechen allerdings nicht dem kanonischen Schmerzensabbild von Jesus mit seinen markanten Kreuzigungswunden.
Reise-Infos
Ihr möchtet den europäischen Nordosten erkunden und habt jetzt euer nächstes Reiseziel ins Auge gefasst? Dann braucht ihr keine besonders aufwändigen Vorbereitungen für einen Urlaub in Litauen zu treffen. Damit auch wirklich alles klappt, haben wir trotzdem einige Tipps für euch zusammengestellt.
Reisezeit
Für die meisten Reisenden ist der Sommer die beste Jahreszeit für eine Tour nach Litauen. Dank des gemäßigten Klimas ist es dann warm, aber nicht zu heiß. Im Frühling sowie vor allem im Herbst ist es zwar etwas kühler, doch genau richtig zum Wandern oder für lange Radtouren.
Reisedauer
Einzelne Städte wie Vilnius oder Kaunas kann man sicherlich an einem einzigen Wochenende erkunden. Für eine Tour durchs ganze Land solltet ihr aber mindestens eine Woche einplanen. Glücklicherweise verschwendet ihr dabei nicht zu viel Zeit bei der recht kurzen Anreise.
Reisevorbereitung
Litauen ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union und seit 2015 auch Mitglied der Euro-Zone. Ein Währungsumtausch entfällt also. Zusätzlich ist das Land Mitglied im Schengen-Raum. Das bedeutet, ihr benötigt lediglich einen gültigen Personalausweis zur Einreise. Dieser kann aber auch im Land jederzeit durch die Behörden kontrolliert werden – habt den Ausweis also lieber jederzeit dabei. Übrigens: In Litauen herrscht Osteuropäische Zeit, also +1 Stunde zu unserer Zeitzone.
Anreise
Üblicherweise gelangt ihr mit dem Flugzeug überaus günstig nach Litauen. Von mehreren deutschen Flughäfen aus gibt es Direktverbindungen zum internationalen Flughafen von Vilnius oder Flüge mit Zwischenstopps in Riga oder Warschau. In nicht einmal zwei Stunden seid ihr da.
Wer mit dem Auto fahren möchte, braucht von Berlin aus mindestens 13 Stunden und durchquert dabei ganz Polen von der Oder bis zur litauischen Grenze. Bitte beachten: In Litauen gibt es eine Fernstraßengebühr als Umweltabgabe. Eine tolle Alternative ist die Autofähre von Kiel nach Klaipeda quer durch die Ostsee.
Fortbewegung vor Ort
Die gängige öffentliche Fortbewegungsart in Litauen ist der Bus. Das kann ein wenig verwirrend sein, denn es gibt neben den normalen Linienbussen noch Oberleitungsbusse sowie Kleinbusse mit Barzahlung. Zusätzlich gibt es Fernbusse und einige wenige Bahnverbindungen. Wollt ihr das ganze Land erkunden, solltet ihr über einen Mietwagen nachdenken.
Sprache & Verständigung
Die offizielle Nationalsprache in Litauen ist Litauisch, eine baltische Sprache. Daneben gibt es einige russisch oder polnisch sprechende Minderheiten. Im Gebiet der Kurischen Nehrung, dem ehemaligen Memelland, gibt es auch einige deutschsprachige Menschen. Grundsätzlich kommt ihr aber mit Englisch ganz gut zurecht, vor allem bei jüngeren Litauern.
Essen & Spezialitäten
Die litauische Küche ist bodenständig, deftig und erinnert in vielen Teilen an slawische Spezialitäten aus Polen oder Russland, aber auch an die fischreiche Kost der Ostseeanrainer. Hinzu kommt eine reiche Bierbrautradition mit vielen regionalen Marken zur Verkostung. Wer traditionell litauisch essen möchte, der sollte folgende Speisen probieren:
- Duona – ein warm serviertes, handgeknetetes Schwarzbrot aus der Glut
- Varškės sūris – ein Käse aus frischem Quark
- Šaltibarščiai – eine kalt servierte Rote-Beete-Suppe
- Cepelinai – das litauische Nationalgericht, ein gefüllter Kartoffelkloß in Form eines Zeppelins
- Baumkuchen – ein traditioneller Kuchen, der am Spieß vor dem Feuer gebacken wird
Hotels & Unterkünfte
Je nachdem, wo ihr euer Lager in Litauen aufschlagt, habt ihr die Wahl aus einer Vielzahl toller Übernachtungsmöglichkeiten. Vor allem in den Städten gibt es schöne Mittelklasse- aber auch Luxus- und Wellnesshotels. Auf dem Land wiederum warten umgebaute alte Herrenhäuser oder urige Bauernhöfe auf Urlauber und Reisende.