Als ehemalige römische Kolonie besticht das rheinland-pfälzische Speyer heute durch historische Gebäude, darunter beeindruckende Kirchen, wunderbare Feste sowie eine lebendige jüdische Kultur, die einige Jahrhunderte zurückreicht.
Überblick
Rund 50.000 Einwohner leben in Speyer, das in der Rhein-Neckar-Region liegt, und zwar unmittelbar südlich von Mannheim. Einst eine wichtige Stadt des Heiligen Römischen Reiches, ist Speyer in der Gegenwart immer noch bedeutend. Vor allem der Dom sowie die anderen wunderschönen Kirchen bezaubern jedes Jahr viele Besucher. Speyer ist gemeinsam mit Mainz und Worms eine der sogenannten SchUM-Städte, in denen das jüdische Leben von der Vergangenheit bis ins Jetzt über eine lebendige Tradition verfügt. Die SchUm-Stätten, zu denen Gemeindezentren, Friedhöfe und Monumente zählen, sind UNECO-Welterbe.
Geschichte
Der Rhein bildete in der Gegend um Speyer über die Jahrtausende sogenannte Flussterrassen, die sich bereits in der Steinzeit als guter Siedlungsplatz anboten. Als die Römer etwa 50 vor Christus Gallien, aber nicht Germanien unterwarfen, bildete der Rhein eine natürliche Grenze. Dort legten die Römer zahlreiche Kastelle an, aus denen später Städte wie Speyer, Worms, Mainz oder Köln erwuchsen. Im Mittelalter und darüber hinaus war Speyer eine bedeutende Reichsstadt und Bischofssitz. Nach den Wirren der Napoleonischen Kriege fiel die Stadt 1816 an das Königreich Bayern, das 1871 im neu gegründeten Deutschen Reich aufging. 1990 feierte die Stadt ihr 2.000-jähriges Bestehen.
Sehenswürdigkeiten
Neben den schon hervorgehobenen christlichen Sakralbauten gibt es noch eine Reihe weiterer bemerkenswerter Sehenswürdigkeiten, nämlich ein altes Stadttor, das Rat- und Stadthaus sowie die Alte Münze als Ort von Händlern.
Dom zu Speyer
Das Wahrzeichen und ganzer Stolz der Stadt Speyer ist ohne Zweifel der Kaiser- und Mariendom, der sich in der Altstadt unweit vom Rheinufer befindet. Es handelt sich dabei um die größte erhaltene romanische Kirche der Welt. Erbaut wurde der Speyerer Dom vermutlich ab 1025 vom späteren römisch-deutschen Kaiser Konrad II. Die Weihe erfolgte unter seinem Enkel im Jahr 1061. Über die Jahrhunderte wurde der Bau mehrfach erweitert und hat heute eine Länge von 134 m sowie eine Höhe von 65 m beziehungsweise 71 m an den Türmen.
Altpörtel
Speyer verfügte einst über mächtige Stadtbefestigungen, die vor rund 1.000 Jahren errichtet wurden. Davon sind allerdings nur noch einige bescheidene Reste vorhanden – mit einer Ausnahme. Das Altpörtel war das westliche Stadttor und ist bis heute eines der höchsten und bedeutendsten Stadttore Deutschlands. Es befindet sich in der westlichen Altstadt und ist mit seinem 55 m hohen Turm ein weiteres Wahrzeichen von Speyer. Wer das Altpörtel betritt, kann sich eine Ausstellung über dessen Geschichte anschauen. Ganz oben gelangt ihr auf eine Aussichtsgalerie, die eine tolle Sicht über weite Teile der Stadt ermöglicht.
SchUM-Stätten
Im 11. und 12. Jahrhundert bildete die jüdische Gemeinde von Speyer eines der Zentren der jüdischen Diaspora im Heiligen Römischen Reich. Im Laufe der Geschichte wurde diese Gemeinschaft immer wieder durch Pogrome zerstört, zuletzt durch die Reichspogromnacht 1938 und den Holocaust. Seit 1996 gibt es wieder eine offizielle jüdische Gemeinde in Speyer und seit 2011 auch wieder eine Synagoge. Auf dem Gelände des sogenannten Judenhofs wurden Reste des mittelalterlichen jüdischen Viertels freigelegt und das zugehörige Museum SchPIRA eröffnet. Hier finden Interessierte viele Exponate aus dem jüdischen Leben im mittelalterlichen Speyer.
Historisches Rathaus und Stadthaus
Direkt an der Maximilianstraße, die vom Domplatz durch die Altstadt führt, befindet sich das Alte Rathaus von Speyer. Der repräsentative spätbarocke Bau wurde 1726 vollendet und diente den Bürgermeistern als Amtssitz. Heute werden hier unter anderem Kammerkonzerte ausgerichtet und Trauungen vollzogen. Nicht minder sehenswert ist das Speyerer Stadthaus, das heute als Rathaus für den Oberbürgermeister dient. Das neubarocke Gebäude von 1902 wurde ursprünglich von einer Versicherungsgesellschaft als Verwaltungsgebäude errichtet und ging 1960 an die Stadt über.
Alte Münze
Noch ein kleines Stück weiter die Maximilianstraße hinunter steht die Alte Münze. Ursprünglich befand sich hier das Haus der Münzer der Stadt, also jener Bürger, die das Privileg besaßen, Münzen prägen zu dürfen. Das Gebäude wurde allerdings im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 zerstört. Der heutige, durchaus imposante barocke Bau entstand 1784 als „Neues Kaufhaus am Markt am Platz der Münze“. Es diente als Umschlagplatz für den Handel sowie als behördlicher Sitz. Noch heute befindet sich hier neben Einzelhandelsgeschäften die städtische Kämmerei.
Heiliggeistkirche und Dreifaltigkeitskirche
Wie so viele mittelalterliche Städte Europas ist auch Speyer bekannt für seine reichhaltige Kirchenlandschaft. Zwei der schönsten Kirchen entstanden allerdings erst Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Heiliggeistkirche an der Johannesstraße wurde nach der Zerstörung der Stadt 1689 als erste evangelische Kirche von wiederkehrenden Bewohnern gebaut. Die spätbarocke Dreifaltigkeitskirche errichtete man nicht weit davon und 1717, zum 200-jährigen Jubiläum der Reformation, fand die Einweihung statt. Beide Kirchen dienten als Symbol gegen die französische Fremdherrschaft sowie als Element für die reformierten und lutherischen Protestanten, die 1817 ein gemeinsames Glaubensbekenntnis ablegten.
Gedächtniskirche
Noch jünger, aber ungleich größer und opulenter ist die Gedächtniskirche der Protestation, die sich südwestlich des Altpörtel befindet. Sie wurde zwischen 1893 und 1904 errichtet und verfügt über den mit 100 Metern höchsten Kirchturm der Pfalz. Die Kirche war so etwas wie die protestantische Antwort auf den Speyerer Dom, auch wenn die Kirche nie die Bedeutung des Doms erreichte. Die Gedächtniskirche wurde im Gedenken an die Protestation aus dem Jahre 1529 errichtet. Damals protestierten mehrere Landesfürsten auf dem Reichstag zu Speyer gegen die Reichsacht über Martin Luther und versagten dem Kaiser die Gefolgschaft. Aus dieser Aktion leitete sich der Begriff des Protestantismus ab.
Aktivitäten
Als Stadt am Oberrhein lädt Speyer selbstverständlich zu vielen Aktivitäten in der wunderbaren Landschaft ein – sei es zu Fuß, auf dem Fahrrad oder auf einem Ausflugsschiff. Doch auch in der Stadt selbst lässt sich einiges erleben, beispielsweise während des Brezelfestes im Sommer oder auf dem Speyerer Weihnachtsmarkt im Winter.
Technikmuseum besuchen
Wer gerne in Museen geht, kommt in Speyer wohl kaum am Technikmuseum vorbei. Seit 1991 finden Besucher hier Exponate aus dem Fahrzeug- und Flugzeugbau sowie ein Marinehaus, ein Modellbaumuseum und ein IMAX-Filmtheater mit einer Kuppelleinwand von rund 1.000 Quadratmetern Projektionsfläche. Zu den Hauptattraktionen des Technikmuseums Speyer gehört die begehbare Antonow An-22, das größte propellergetriebene Serienflugzeug der Welt. Ebenfalls begehbar sind eine Boeing 747, das deutsche U-Boot U9 sowie die Buran, die russische Antwort auf das US-amerikanische Space Shuttle.
Fahrrad fahren
Wer sich an Kirchen und anderen Gebäuden sattgesehen hat, der kann sich von Speyer aus ganz einfach in die umliegende Natur aufmachen. Entlang des Rheins sowie in der gesamten Pfalz gibt es unzählige Radwanderwege sowie einige tolle Mountainbike-Trails im Pfälzerwald mit der idealen Mischung aus technischem Anspruch und traumhafter Kulisse. Wie wäre es beispielsweise mit der Kurpfalz-Route? Diese führt über rund 60 km von Speyer aus über den Rhein bis zu einer weiteren bedeutenden Reichsstadt, nämlich Heidelberg. Für Familien mit Kindern empfiehlt sich die Strecke „Vom Rhein zum Wein“. Diese führt von Speyer aus auf eher ebenen Pfaden bis in die weinreichen ländlichen Gebiete der oberrheinischen Tiefebene.
Brezelfest feiern
Wer im Sommer nach Speyer reist, sollte wenn möglich das zweite Juliwochenende ins Auge fassen. Dort findet nämlich alljährlich das Speyerer Brezelfest statt, eines der größten Volksfeste am Oberrhein. Zahlreiche Veranstaltungen, Umzüge und Wettkämpfe ziehen jedes Jahr bis zu 300.000 Besucher an. Das Brezelfest geht zurück auf eine Initiative des Verkehrsvereins Speyer. Um den Absatz der Brauereien und Bäcker zu erhöhen, wurde diese Veranstaltung ersonnen und 1910 erstmals abgehalten. Auch heute noch werden Tausende von Brezeln von den Festwagen unter die Besucher geworfen.
Weihnachtsmarkbesuch
Wer hingegen im Winter nach Speyer fährt, sollte dies unbedingt in der Weihnachtszeit tun. Der Speyerer Weihnachts- und Neujahrsmarkt findet alljährlich zwischen Dom und Alter Münze statt und lässt die Stadt in wunderbar weihnachtlichem Licht erstrahlen – ein wahres Lichtermeer vor der beeindruckenden Kulisse des Kaiserdoms. Der Weihnachtsmarkt findet von Ende November bis zum Dreikönigstag im Januar statt und zieht etliche Besucher von nah und fern an. Parallel präsentieren sich an den ersten Adventswochenenden die Partnerstädte Speyers, darunter das französische Chartres und das italienische Ravenna.
Wandern gehen
Die Pfalz ist als Wandergebiet bekannt und lockt mit etlichen Wanderrouten die Besucher ins Grüne. Besonders zu empfehlen ist der Weg durch den Speyerer Auwald. In der Rheinaue südlich der Stadt durchstreift ihr jahrtausendealte Wälder und lauscht den Lauten der Tiere, die hier ihr Zuhause haben. Speyer ist übrigens auch an den berühmten Jakobsweg nach Santiago de Compostela angebunden. Der Weg zum Kloster Hornbach an der französischen Grenze kann über zwei Routen begangen werden. Beide sind rund 140 km lang und führen durch landschaftlich und historisch interessante Gegenden.
Reise-Infos
Wer jetzt Lust bekommen hat, Speyer im Rheinland-Pfalz-Urlaub mit einem Besuch zu beehren, der benötigt nicht viel Vorbereitung. Die Stadt ist leicht erreichbar, in wenigen Tagen zu erkunden und bietet herzliche Gastlichkeit und besondere kulinarische Leckerbissen.
Anreise & Fortbewegung vor Ort
Speyer ist über die B9 und die A61 an das deutsche Fernverkehrsnetz angeschlossen. Die wichtigsten Hauptautobahnen sind die A5, die rechtsrheinisch an der Stadt vorbeiführt, sowie die A6, die aus Richtung Kaiserslautern nordöstlich an Speyer entlangläuft. Mit dem Auto erreicht ihr Speyer von Köln aus in drei, von Berlin aus in sieben Stunden. Natürlich lässt sich Speyer auch bequem auf der Schiene erreichen. Am besten nutzt ihr dazu eine schnelle ICE-Verbindung nach Mannheim und dann den Regionalverkehr nach Speyer.
Wer nicht mit dem eigenen Auto anreist, ist in Speyer am ehesten mit den städtischen Bussen mobil. Zahlreiche Linien verkehren innerhalb des Stadtgebiets sowie zu den umliegenden Gemeinden. Speyer ist außerdem mit der S-Bahn Rhein-Neckar mit den anderen Städten der Metropolregion verbunden, beispielsweise Ludwigshafen, Mannheim oder Heidelberg. Die Altstadt, speziell die Maximilianstraße als Fußgängerzone, lässt sich prima bei einem Gang erschließen.
Reisezeit & Reisedauer
Speyer liegt im sogenannten Oberrheingraben, einem der wärmsten Gebiete in Deutschland mit vielen Sonnenstunden und vergleichsweise wenig Regen. Der Frühling und Sommer, aber auch der Frühherbst bieten sich also vor allem für Wanderfreunde an. Ein Höhepunkt im Winter ist der Weihnachtsmarkt.
Speyer ist eine vergleichsweise überschaubare Mittelstadt, die bestens in Form eines Wochenendtrips besichtigt werden kann. Wer längere Wanderungen plant, muss natürlich entsprechend mehr Zeit einrechnen. Speyer bietet sich außerdem als Zwischenstation für eine längere Rheintour an.
Sprache & Verständigung
Wer sich für Dialekte interessiert, findet hier das Vorderpfälzische. Eine Variante davon wird übrigens im US-Bundesstaat Pennsylvania gesprochen. Das Pennsylvania German wurde von pfälzischen Auswanderern im 18. Jahrhundert geprägt und hat bis heute überdauert.
Essen & Spezialitäten
In Speyer wird typisch pfälzisch gekocht, also oft deftig und kräftig. Vor allem gibt es so ziemlich alles, was aus einem Schwein gemacht werden kann – inklusive dem legendären Saumagen, der Leibspeise des Altbundeskanzlers Helmut Kohl, der übrigens in Speyer auf dem Alten Friedhof im Adenauerpark begraben liegt. Zu den bekanntesten Pfälzer Spezialitäten gehören die knusprig braunen Dampfnudeln, das Kesselfleisch aus dem Wurstkessel oder auch die Keschde – glänzende Esskastanien. Dazu wird in Speyer im Herbst gern Federweißer, der hier „Neie Woi“ heißt, getrunken.
Hotels & Unterkünfte
Die Hotels in Speyer befinden sich vor allem in der Altstadt sowie direkt am Rheinufer. Es handelt sich dabei größtenteils um solide Mittelklasseunterkünfte zu moderaten Preisen. Wer sparen möchte, findet kleinere Pensionen in den äußeren Bezirken.