Wenn man an Marokko denkt, schießen einem sofort Bilder von bunten Souks, endlos weiten Wüsten und eckigen Lehmbauten in den Kopf. Auch Tanger ist eine Stadt, die orientalischen Charme aus 1001-Nacht versprüht, doch trotzdem ist sie irgendwie anders. In Tanger herrscht kosmopolitisches und modernes Flair – entdeckt es selbst!
Überblick
Die Hafenstadt Tanger liegt im Norden von Marokko in der Provinz Tanger-Asilah und zählt mittlerweile etwa eine Million Einwohner. Zwar liegt die Stadt auf dem afrikanischen Kontinent, doch aufgrund ihrer geringen Entfernung zum europäischen Festland gilt sie schon lange als „Tor zu Afrika“, welches Europa und Afrika über die Straße von Gibraltar miteinander verbindet. Schon seit dem 19. Jahrhundert setzen Fähren und Schiffe von einem Kontinent zum anderen über und machen dabei in Tanger Halt. So behielt die Stadt lange die Monopolstellung für politische und wirtschaftliche Beziehungen mit Europa.
Tanger blickt auf eine bewegte Geschichte: Die Wurzeln der Stadt reichen bis in das 5. Jahrhundert vor Christus zurück. Mit der Gründung der Siedlung Tingis durch die Karthager entstand die Stadt und von da an besetzten sie Araber, Spanier, Briten und Portugiesen, bis die Alawiden im 17. Jahrhundert Tanger ihr Eigen nannten. 1912 wurde die Unabhängigkeit Marokkos jedoch aufgehoben und Tanger galt als internationale Zone, die von mehreren Großmächten besetzt und regiert wurde. Der Hafen von Tanger wurde in dieser Zeit als zollfreier Ort für illegalen Handel und Geschäfte ausgenutzt.
Erst 1956 wurde die Stadt wieder in Marokko eingegliedert, galt jedoch lange als gefährliche Stadt mit kriminellen Energien. Heute ist davon zum Glück nicht mehr viel zu spüren. Tourismus sowie Warenhandel blühen durch die ideale Lage immer weiter auf und Tanger gilt mittlerweile als weltoffene, authentische und bunte Stadt, die sowohl europäische als auch afrikanische Einflüsse miteinander vereint. Aufgrund ihrer charakteristisch kalkverputzen Bauwerke wird sie auch als „weiße Stadt“ bezeichnet, die keine Urlaubswünsche offenlässt. Ob Kultur, Natur, Sport, Shopping oder Sonnenbaden – Tanger ist ein orientalisches Paradies für Reisende.
Sehenswürdigkeiten in Tanger
Durch die verschiedenen Einflüsse sowie die bewegte Vergangenheit der Stadt Tanger, sind die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt vor allem kulturell geprägt. Wollt ihr jedoch einfach nur stundenlang am Strand liegen, die Natur Marokkos erkunden oder durch eine belebte orientalische Innenstadt schlendern, seid ihr in Tanger ebenfalls gut aufgehoben. Tanger ist eine Stadt, in der sich Vergangenheit und Gegenwart sowie Orient und Okzident harmonisch miteinander vereinen. Dadurch wird Besuchern eine ganze Menge geboten.
Medina
Die Medina, die Altstadt von Tanger ist ein Anziehungspunkt für Händler, Touristen und Einheimische – hier treffen verschiedenste Kulturen aufeinander. Zwischen Cafés, Geschäften und kleinen Handwerksbetrieben finden immer wieder Märkte statt, auf denen ihr nach Lust und Laune shoppen könnt. Da Autoverkehr hier nicht erlaubt ist, könnt ihr euch frei und ungestört bewegen.
Doch auch Kunstliebhaber werden in der Medina voll auf ihre Kosten kommen. In vielen kleinen Galerien finden wechselnde Ausstellungen statt, die mit Kunstwerken marokkanischer und europäischer Künstler beeindrucken. Außerdem findet ihr auch die im Jahr 1894 erbaute Kirche des Heiligen Andreas. Besichtigt die anglikanische Kirche jedoch nicht nur von Innen, sondern stattet auch dem angrenzenden Friedhof einen Besuch ab, auf dem ihr euch vom hektischen Treiben der Stadt erholen und all die neugewonnenen Eindrücke auf euch wirken lassen könnt.
Zurück in der Altstadt solltet ihr euch auf dem Petit Socco Platz einen süßen Minztee gönnen und dabei das bunte Leben von Tanger beobachten. Während Kinder durch die engen Gassen toben und Händler ihre Esel vorantreiben, könnt ihr euch einfach zurücklehnen und genießen. So taten das in den 50er Jahren schon Diplomaten, Künstler, Adelige und Geschäftsleute, die von der Stadt magisch angezogen wurden. So zählt Tanger beispielsweise die französischen Künstler Eugène Delacroix und Henri Matisse sowie den amerikanischen Schriftsteller Tennessee Williams zu ihren berühmtesten Besuchern.
Unweit vom Petit Socco Platz befindet sich auch die große Moschee der Stadt sowie der Mendoub Palast, der frühere Sultanspalast, in dem zur damaligen Zeit hochrangige Staatsempfänge abgehalten wurden. In diesem prunkvollen Palast könnt ihr heute zeitgenössische Kunstwerke bestaunen. Doch Vorsicht, auch wenn Tanger mittlerweile als sichere Stadt gilt, solltet ihr euch spätabends nicht zu tief in das Labyrinth aus engen Gassen der Medina wagen.
Kasbah
Wenn ihr einen kurzen Fußmarsch nicht scheut, solltet ihr unbedingt auf den höchsten Punkt der Stadt hinaufspazieren, welcher sich ebenfalls in der Medina befindet. Oben angekommen erwartet euch nicht nur ein wundervoller Ausblick über die Küste, den Fährhafen sowie die Dächer der Stadt, sondern ebenso die Kasbah, eine alte Festung. Diese wurde Ende des 18. Jahrhunderts von kolonialen Herrschern aus Portugal aus alten Ruinen der Römerzeit wiederaufgebaut. Heute könnt ihr das gesamte Areal erkunden und euch auf die Spuren der bewegten Vergangenheit begeben.
Im angrenzenden Kasbah-Museum, welches sich im ehemaligen Palast des Sultans Dar el Makhzen befindet, habt ihr zudem die Möglichkeit, zahlreiche archäologische Fundstücke zu bestaunen und erfahrt dadurch viele interessante Fakten über die 2.000-jährige Stadtgeschichte. Das Highlight der Ausstellung ist das Bodenmosaik, welches „die Seefahrt der Venus“ zeigt.
In der Stadt Tanger gibt es noch einige weitere Museen, die nur auf einen Besuch von euch warten:
- Museum für alte Geschichte
- Museum für marokkanische Kunst
- American Legation Museum
Das gesamte Kasbah-Viertel lockt mit kunterbunten Häusern, kleinen Kunstgalerien und authentischen Handwerksläden, die sich in engen Gassen aneinanderreihen. Einem kleinen Shopping-Bummel nach der Besichtigung der Kasbah steht also nichts mehr im Wege.
Grotte des Herkules
Rund 14 Kilometer westlich der Stadt befindet sich die Grotte des Herkules, die in der Nähe von Kap Spartel liegt. Letzteres ist ein bewaldetes Gebirge, direkt am Eingang der Straße von Gibraltar und gilt damit als nordwestlichster Punkt von Afrika, der zu ausgiebigen Wanderungen einlädt. Wahrzeichen des Kaps ist der weiße Leuchtturm, ein beliebtes Fotomotiv.
Unterwegs findet ihr sicher die Grotte des Herkules, eine natürliche Höhle, welche das Meer mit dem Land verbindet. Der mystischen Legende nach, ist sie der Ort gewesen, an dem sich der Held Herkules vor einer seiner zwölf legendären Taten aufhielt. Herkules soll die Straße von Gibraltar erschaffen haben, indem er den Berg Atlas teilte, um diesen nicht überwinden zu müssen. So entstand die Straße von Gibraltar, die das Mittelmeer und den Atlantischen Ozean verbindet.
Die Höhle ist Menschen schon seit langer Zeit bekannt, worauf zahlreiche Wandmalereien hindeuten. Vertiefungen in den Höhlenwänden verweisen außerdem darauf, dass die Berber hier einst riesige Mühlensteine herstellten. So ist diese Grotte nicht nur ein wunderschönes Naturspektakel, sondern gleichzeitig ein geschichtsträchtiger Ort. Ihr könnt die 30 Kilometer lange Herkulesgrotte besichtigen und werdet dabei Zeugen neolithischer Kultur.
Marktplatz Grand Socco
Exotische Düfte, buntes Treiben und orientalische Spezialitäten – ein Spaziergang über die typisch marokkanischen Souks ist ein wahres Vergnügen und nirgendwo könnt ihr tiefer in das Leben der Einheimischen eintauchen als auf einem solchen Basar. Frisches Obst und Gemüse, regionales Fleisch, fangfrischer Fisch und exotische Gewürze sorgen für einen unverkennbaren Geruch auf dem Grand Socco.
Neben einer Vielfalt an marokkanischen Lebensmitteln, Schmuck, Geschirr, Kleidung, Teppichen und Handwerkskunst könnt ihr hier auch spektakuläre Shows von Straßenkünstlern bestaunen. Ob Tänzer, Zauberer, Schlangenbeschwörer oder Fakir – jeder möchte hier sein Talent zum Besten geben. Vergesst auf dem Basar nicht zu feilschen, denn das gehört einfach dazu und hält sicher ein tolles Schnäppchen für euch bereit, welches sich vielleicht sogar als Souvenir für die Liebsten zu Hause eignet.
Park Perdicaris
Obwohl Tanger im Vergleich zu anderen nordafrikanischen Großstädten sehr ruhig ist, zieht es die Bewohner doch hin und wieder zum grünen Zufluchtsort der Stadt, dem Park Perdicaris. Dieser befindet sich etwa fünf Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt und bildet einen kompletten Kontrast zur orientalischen Medina. Hier wachsen exotische Blumen und Schwarzkiefern, Eukalyptusbäume und Mimosen verbreiten ihr natürliches Aroma.
Mit einer Decke könnt ihr es euch unter ihren Kronen gemütlich machen und ein Picknick an einer erfrischenden Quelle oder einen Spaziergang im schattigen Wäldchen machen. Von einigen Plätzen des Parks könnt ihr bei klarer Sicht sogar bis zum spanischen Festland hinüberschauen. In der Mitte der Grünanlage befindet sich ein Wildpark, der von zahlreichen Restaurants, Cafés und Imbissständen umgeben ist. Übrigens gibt es in der Stadt noch einen weiteren Park, den Mendoubia Park, der sich nördlich des Grand Socco Platzes befindet. Das Besondere an diesem Naherholungsort sind zwei imposanten Bäume: ein Bengalesischer Feigenbau sowie ein Drachenbaum, der mittlerweile über 800 Jahre alt ist.
Tanger Strand
Der Hauptstrand von Tanger erstreckt sich über mehrere Kilometer und trotzdem strahlt er eine beruhigende Atmosphäre aus. Nach lauten Menschenmassen sucht ihr hier vergeblich und so wird der Sprung in das azurblaue Nass zu einem wahren Vergnügen. Auch der hier weitverbreitete Beachsoccer macht im feinen weißen Sand an einem nahezu leeren Strand besonders viel Spaß. Doch auch Taucher und Schnorchler werden in Tanger von einer spektakulären Unterwasserwelt angezogen. Wer den Adrenalinkick sucht, wagt eine Fahrt auf Wasserskiern.
Im Hintergrund vom Tanger Strand findet ihr etliche Wanderwege und Deiche, die durch Wandern oder Trekking zwischen Pinien und Zypressen eine willkommene Abwechslung zum ausgiebigen Sonnenbaden bilden. Am Abend wird es dann doch ein wenig lebendiger am Strand und die Bars und Restaurants drehen die Musik ein wenig auf. Bei einem kühlen Cocktail und einem Teller voller frischer Meeresfrüchte könnt ihr den Sonnenuntergang von Tanger genießen.
Reise-Infos
Auch wenn Tanger das perfekte Ziel für Marokko-Anfänger ist, sollte eine Reise in diese wunderschöne Stadt sorgfältig geplant werden. Wir haben die wichtigsten Informationen für euren Urlaub in Tanger.
Ideale Reisezeit
In Marokko herrscht ein Übergang zwischen milden mediterranem und heißem Wüstenklima, welches dafür sorgt, dass es sowohl eine Trocken- als auch eine Regenzeit in Tanger gibt.
Von Juni bis August wird Tanger von den Trockenperioden geprägt. In dieser Zeit regnet es selten und das Thermometer klettert auf bis zu 30 Grad Celsius hinauf. Von November bis Februar regnet es dagegen sehr häufig in der Region. Plant ihr einen entspannten Badeurlaub, so solltet ihr von Juni bis Oktober nach Tanger reisen. Ein Sightseeing-Trip ist ganzjährig möglich, da selbst im Januar und Februar die Temperaturen auf bis zu 16 Grad Celsius steigen.
Eure Anreise
Mit etwas Glück findet ihr einen Direktflug, welcher euch von Deutschland direkt an den nur sechs Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernten Flughafen von Tanger bringt. Wollt ihr mit dem Auto, der Bahn oder dem Zug anreisen, müsst ihr von Spanien aus in Algeciras oder Tarifa beziehungsweise von Frankreich in Marseille oder Genua mit der Fähre übersetzen. Diese fährt in der Regel sogar mehrmals täglich. Dadurch ist die Fahrt nach Tanger eine beliebte Strecke geworden, die sich in mehreren Tagen mit dem Wohnmobil bereisen lässt – tolle Zwischenstopps sind euch dabei garantiert.
Ein Visum braucht ihr für die Einreise nicht, doch denkt unbedingt an euren Reisepass, der noch mindestens sechs Monate ab Einreisedatum gültig sein muss.
Passende Unterkünfte
Luxuriöses City-Hotel, kleines Appartement oder Campingplatz in der freien Natur – in Tanger findet ihr Unterkünfte für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel. Die Unterkünfte der Stadt erfüllen dabei jedoch vor allem westliche Standards und nur wenige Zimmer sind typisch orientalisch eingerichtet. Vergleicht daher die Hotels, um eure Wunschunterkunft zu finden!
Besondere Verhaltensregeln
Tanger ist sehr stark westlich geprägt, weswegen ihr keine speziellen Verhaltensregeln beachten und keinen Kulturschock erwarten müsst. Wenn ihr jedoch zeigen wollt, dass ihr die muslimische Religion der Einheimischen respektiert, zeigt ihr euch in der Stadt nicht zu freizügig und badet nicht oben ohne – zumindest gilt das für die Frauen unter euch.
Kulinarische Spezialitäten
Die marokkanische Küche ist vielseitig und während ihr auf den Souks schon einmal ein frisch geschlachtetes Huhn ohne Kopf kaufen oder in den authentischen Restaurants gewürzte Ziegenköpfe essen könnt, lieben die Marokkaner auch konventionelle sowie lokale Fisch- und Fleischgerichte.
Zu den Nationalgerichten zählen Tajine und Couscous. Bei Tajine handelt es sich um Fisch oder Fleisch, welches in einem Tontopf auf Holzkohle gegrillt und mit Backpflaumen serviert wird. Die Weizenspeise Couscous wird meist vegetarisch zubereitet und ganz traditionell an Freitagen gegessen – und zwar mit der Hand. Gewürzt wird dabei vor allem mit viel Koriander, welcher übrigens auch in süße Nachspeisen, wie Milchreis gegeben wird. Ob ihr dazu einen marokkanischen Wein oder einen Minztee bestellt, liegt ganz bei euch.