Wer an belgisches Essen denkt, dem kommen knusprige Pommes, Waffeln oder Pralinen in den Sinn. Doch die belgische Küche ist sehr vielseitig. Das liegt unter anderem an der Vermischung niederländischer, französischer und deutscher Kulinarik.
Überblick
Im Grunde gibt es nicht nur eine belgische Küche, sondern sie spaltet sich vielmehr in zwei Hauptrichtungen und folgt dabei den belgischen Sprach- und Kulturregionen. Belgien besteht bekanntlich aus dem französisch- und deutschsprachigen Wallonien, dem niederländischsprachigen Flandern und der zweisprachigen (Französisch und Niederländisch) Hauptstadtregion Brüssel. In etwa so lassen sich die regionalen Küchen einteilen. Obwohl es immer mal wieder Durchmischungen und eigene Entwicklungen gab, ist der Einfluss der Franzosen und Niederländer auf die bekanntesten Gerichte nicht von der Hand zu weisen. Hinzu kommt eine kleine Gemeinschaft im Osten, bei der die deutsche Küche präsent ist.
Geschichte & Tradition
Der Umstand, dass die belgische Küche getrennte regionale Küchen beinhaltet, lässt sich mit der wechselvollen Geschichte des Landes erklären. Belgien gibt es nämlich als eigenständigen Staat erst seit 1830. Vorher gehörte das Gebiet offiziell zu den Niederlanden, wobei Wallonien schon aus sprachlichen Gründen eng an Frankreich gebunden war.
Die vielfältige und hochklassige französische Küche inspirierte Köche in ganz Europa und beeinflusste so auch die wallonischen. Die Niederländer mit ihren exotischen Gewürzen aus den ostindischen Kolonien übten wiederum Einfluss auf Flamen aus. Heraus kamen zwei regionale Küchen, die sich auch heute noch klar voneinander abgrenzen.
Vorspeisen
Die belgische Küche ist eher herzhaft und fleischlastig. Das macht sich bereits bei den Vorspeisen bemerkbar. Entweder es gibt feines Ragout in Blätterteig, knusprige Garnelen oder aber Vorspeisenvariationen mit Schinken, Käse oder Wurst.
Vol-au-vent (fleisch- oder fischhaltig)
Eine vor allem in Wallonien beliebte Vorspeise ist Vol-au-vent (niederländisch “Koninginnehapje”). Dabei handelt es sich um eine Abwandlung des auch hierzulande bekannten Ragout fin. Dafür wird kleingeschnittenes Hähnchen mit einer Soße in eine Blätterteigform gefüllt und überbacken. Regional werden statt Huhn auch Meeresfrüchte verwendet. In Flandern nennt man die kleinen Imbisse auch Koninginnehapje, wobei es diese auch süß gefüllt als Nachspeise gibt.
Graue Garnelen (fischhaltig)
Vor allem in den Küstenstädten gibt es in der belgischen Küche jede Menge Fisch und Meeresfrüchte. Sehr häufig gibt es mindestens die kleinen Garnelen auf der Karte, die in der Nordsee oft vorkommen. Die knusprigen Krustentiere werden als Vorspeise oder zum Knabbern gereicht. Eine beliebte Variation sind Tomates aux Crevettes Grises – Garnelen mit Mayonnaise und kalten Tomaten.
Jambon d’Ardenne (fleischhaltig)
Ähnlich wie in einigen anderen europäischen Ländern serviert man in Belgien durchaus auch mal eine zünftige Schinkenplatte. Dabei kommt am besten der nach EU-Recht geschützte Schinken aus den Ardennen auf den Tisch. Über Buche oder Eiche geräuchert und mit Wacholder verfeinert, ist der Jambon d’Ardenne ein besonders leckerer Genuss für die Vorspeisenplatte.
Eupener Bierwurst (fleischhaltig)
Weniger eine Vorspeise, sondern vielmehr ein fleischiger Imbiss für zwischendurch ist die Eupener Bierwurst. Dabei handelt es sich um eine Spezialität aus dem deutschsprachigen Teil Belgiens. Die Wurst passt nicht nur gut zum Bier, sondern enthält auch einen Schuss Eupener Bier zur Verfeinerung.
Suppen & Eintöpfe
Feine Suppen und kräftige Eintöpfe sind beides keine Unbekannten in der belgischen Küche. Nicht selten kommt eines der belgischen Biere bei der Zubereitung zum Einsatz. Viele Eintöpfe wie etwa Vlaamse Stoofvlees oder Waterzooi ersetzen eine Hauptmahlzeit.
Vlaamse Stoofvlees (fleischhaltig)
Es ist umstritten, ob Franzosen oder Belgier dieses herzhafte Wintergericht erfunden haben. Auf jeden Fall ist dieser Rindfleischeintopf mit karamellisierten Zwiebeln ein willkommener Schmaus nicht nur an kalten Tagen. Zubereitet wird der Topf übrigens mit einem ordentlichen Schuss Bier und nicht wie in Frankreich mit Rotwein.
Waterzooi (fleischhaltig)
Das nordwestlich gelegene Gent gilt als die Hauptstadt des sogenannten Waterzooi. Das bedeutet so viel wie „im Wasser köcheln lassen“ und beschreibt einen cremigen Eintopf aus Gemüse und Huhn. Früher handelte es sich dabei um eine Fischsuppe, doch als die Fischbestände zurückgingen, nahm das Hühnchen den Platz der fleischigen Beilage ein.
Groentensoop (vegan)
Diese flämische Gemüsesuppe ist ein Klassiker in jedem nordbelgischen Haushalt und wird mancherorts sogar an der Haustür verkauft. Sie besteht aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Gemüsesorten wie Lauch, Sellerie, Karotten, Zwiebeln und Tomaten sowie Kartoffeln und einigen Gewürzen.
Belgische Champignonsuppe (vegetarisch)
Wer lieber Pilze als Gemüse mag, greift zur belgischen Champignonsuppe. Dazu werden Champignons sowie Zwiebeln und Tomaten mit Ei und Butter sowie Mehl und Schlagsahne zu einer cremigen Suppe zubereitet. In vielen Restaurants ist dies eine beliebte Vorspeise vor deftigen Hauptgerichten.
Hauptspeisen
Egal was Urlauber speisen: Belgisches Essen wird gerne mit Pommes frites als Beilage serviert. Die frittierten Kartoffelstäbchen sind weltbekannt. Fleischfreunde kommen ebenso auf ihre Kosten wie die Anhänger von Meeresfrüchten. Letztere erfreuen sich an frischen Miesmuscheln oder an Grünem Aal, beides Nationalgerichte der Belgier.
Pommes frites (vegan)
Obwohl es sich eigentlich nur um eine einfache und weltweit verbreitete Beilage handelt, haben sich belgische Pommes frites einen Platz auf dieser Liste verdient. Nirgendwo sonst schmecken sie so gut wie in Belgien. Das Geheimnis liegt in den verwendeten Sorten sowie im Herstellungsverfahren. Belgische Pommes frites werden nämlich zweimal frittiert: Einmal bei niedriger Temperatur zum Garen und einmal bei hoher Temperatur, damit sie knusprig werden.
Moules-frites (fischhaltig)
Pommes frites sind in den wallonischen wie flämischen Küchen oft vertreten. Sie sind auch Bestandteil des wallonischen Nationalgerichts namens Moules-frites. Dabei handelt es sich um die Kombination aus in Weißwein gegarten Miesmuscheln und den beliebten Kartoffelstäbchen.
Lapin à la Gueuze (fleischhaltig)
Da Belgien als berühmte Nation der Bierbrauer gilt, hat es natürlich auch einige Gerichte, die Bier als Zutat beinhalten. Dazu gehört zum Beispiel in Bier geschmortes Kaninchen. Für das Lapin à la Gueuze wird ein natürlich fermentiertes Bier aus der Brüsseler Region benutzt. Wer das nicht mag, greift zu Lapin aux Pruneaux – Kaninchen nach Lütticher Art mit getrockneten Pflaumen.
Anguilles au vert/Paling in’t groen (fischhaltig)
Ein weiteres Nationalgericht aller Belgier ist der Grüne Aal. Ursprünglich kommt diese Spezialität aus dem flämischen Antwerpen. Dort zogen Fischer einst Aale aus der Schelde und würzten sie mit dem, was sie am Ufer fanden, darunter Sauerampfer, Kerbel, Petersilie, Minze und Kresse. Heraus kam ein Gericht mit charakteristischer grüner Farbe.
Fleischbällchen (fleischhaltig)
Belgier lieben ihre Fleischbällchen. Das runde Hack gibt es in endlosen Variationen, meist aber in einer aromatischen Soße mit Gewürzen, die zugleich als Dip für die Pommes frites als Beilage dienen. Ein einfaches, aber leckeres und deftiges Gericht, das so gut wie überall zu bekommen ist.
Filet Americain (fleischhaltig)
Ebenfalls aus Hackfleisch, aber roh und ungekocht, präsentiert sich das sogenannte Filet Americain. Dabei wird gewürztes rohes Hackfleisch auf ein Baguette gelegt und mit einer Soße serviert. Das Fleisch ist sehr fettarm und wird feiner zerkleinert als bei herkömmlichem Hack.
Nachspeisen
Außer für Bier und frittierte Kartoffelstäbchen sind die Belgier vor allem für eines bekannt: Schokolade. Es verwundert kaum, dass es Waffeln, Kekse und Pralinen fast genauso oft als Nachspeise gibt wie das eher französisch inspirierte Dessert aus Käsevariationen.
Käse (vegetarisch)
Vor allem in Wallonien, teilweise aber auch in Flandern, wird nach dem Essen gerne Käse serviert. Je nach Region und persönlichem Geschmack kann es ein klassischer Dessertkäse sein, ein Ziegenkäse oder ein Buttermilchkäse. Im Norden bevorzugt man schnittfeste Sorten wie Passendale oder Limburger.
Belgische Waffeln (vegetarisch)
Wer es lieber süß mag, sollte die weltberühmten belgischen Waffeln definitiv mal probieren. Genaugenommen gibt es zwei Sorten, nämlich Brüsseler und Lütticher Waffeln. Die Brüsseler Variante besteht aus einem weichen Rührteig, während in den dicken Hefeteig der Lütticher Waffeln Perlzucker gegeben wird. Garniert mit Schokolade, Früchten oder Sahne sind die Waffeln die perfekte Sünde in jedem Belgien-Urlaub.
Speculaas (vegetarisch)
Der inoffizielle Nationalkeks der Belgier ist der Speculaas: Der gute alte Spekulatius. Die belgische Version ist allerdings dünner sowie knuspriger und wird häufig mit Karamell gefüllt. Die typischen figürlichen Formen dürften aber den meisten Besuchern aus Deutschland sehr bekannt vorkommen.
Schokolade & Pralinen (vegetarisch)
Belgische Schokolade ist nicht nur eine kleine Nascherei zum Dessert, sondern ein Stück belgische Kulturgeschichte. Das kleine Land ist weltberühmt für seine raffinierten Schokoladenkreationen und pflegt diese Kunst, seit die damals herrschenden Spanier das erste Mal Kakao aus Mittelamerika mitbrachten. Wer in Belgien weilt, sollte mindestens einmal eine feine Chocolaterie besuchen.
Genter Nasen (vegetarisch)
Wer weder Keksen und Waffeln noch Käse und Pralinen etwas abgewinnen kann, für den sind möglicherweise Genter Nasen etwas. Dabei handelt es sich um stadttypische, kegelförmige Süßigkeiten mit Gelee. Wer nach Gent reist, sollte sich an einem der Stände in der Innenstadt die leckere Kleinigkeit gönnen.
Getränke
Bier, Bier und nochmal Bier – da sind sich die Belgier bei aller Liebe zum französischen Wein dennoch einig. Im internationalen Vergleich finden sich die Belgier regelmäßig ganz weit oben, wenn es um den Bierkonsum pro Kopf geht. Nach dem Essen darf es dann aber auch ein Genever Wacholderschnaps sein.
Untergärige Pilsner
Belgien ist in erster Linie bekannt für seine vielen hundert Bierspezialitäten. Am meisten getrunken werden aber nicht die besonders auffälligen Sorten, sondern das gute alte helle Pilsner. Das gibt es nicht nur in jeder Kneipe und in jedem Restaurant, sondern auch in den vielen sogenannten Biercafés, in denen es um nichts anderes als Bier in all’ seinen Facetten geht.
Obergärige Biere
Obergärige Biere wie Rotbier, Oud Bruin oder die belgischen Ales gibt es in hunderten Sorten. Die Vielfalt ist eine Folge eines alten Gesetzes von 1919. Damals wurden Spirituosen in belgischen Bars verboten. Als Folge schufen die Brauer obergärige Biere mit höherem Alkoholgehalt. Was die Bürger einst verärgerte, stellte sich in der Folge als genial für die Entwicklung einer vielseitigen Bierkultur heraus.
Lambic Bier
Bis zur Entdeckung der mikrobiologischen Zusammenhänge wurde Bier per Spontangärung mit Hefen aus der Umgebungsluft gebraut. Das belgische Lambic wird noch immer so gebraut und schmeckt daher jedes Jahr ein bisschen anders. Neben dem reinen Bier gibt es einige Sorten Obstbier, bei dem ganze Früchte wie Himbeeren, Pfirsiche oder Kirschen, dem Gärprozess zugesetzt werden.
Genever
Jeder kennt Gin, den Wacholderschnaps, der Hauptzutat vieler weltberühmter Longdrinks ist. Der Vorläufer des Gins ist Genever. Die Spirituose ist sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien verbreitet und wird aus Gerste oder Roggen gebrannt und mit Wacholder und anderen Gewürzen aufgepeppt. In Flandern nutzt man Genever zudem als Grundlage für Liköre mit Beeren, Zitronen oder Schokolade.
Vegetarisch & Vegan
Belgisches Essen ist durchaus als herzhaft und fleisch- und fischlastig zu bezeichnen. Es gibt aber trotzdem auf jeder Speisekarte auch Gerichte für Vegetarier oder Veganer. Notfalls wird ein Gericht auf Wunsch abgeändert – wie etwa beim Chicoree Gratin, das auch ohne Schinken schmeckt.
Stoemp
Wer keine Pommes frites mehr möchte, sollte sich dem Stoemp zuwenden. Das ist nichts anderes als besonders cremiges Kartoffelpüree, verfeinert mit Gemüse wie Karotten oder Grünkohl. Obwohl Stoemp oft nur eine Beilage ist, schmeckt es durchaus als eigenständige Mahlzeit.
Tarte aux Matons
Halb herzhafter Imbiss und halb Nachspeise, aber voll und ganz fleischlos präsentiert sich das Mattentaart, auch Tarte aux Matons genannt. Erfunden in Ostflandern gibt es die Törtchen aus Sauermilch und Mandeln mittlerweile im ganzen Land. Während das Innere an einen Käsekuchen erinnert, ist das Äußere gewohnt knusprig wie bei anderen Tarten.
Gratin au Chicons
Ein häufig anzutreffendes Gemüse in Belgien ist der Chicoree. Diesen gibt es als normale Gemüsebeilage oder auch als eigenständiges Gericht mit dem Namen Gratin au Chicons. Dabei wird Chicoree im Ofen mit Käse überbacken. Doch Vorsicht: Manche Restaurants umwickeln den Chicoree vorher mit Schinken – unbedingt Bescheid sagen, wenn es vegetarisch bleiben soll.